Tipps und Umsetzungsideen für Online-Bewerbungsgespräche

So können Unternehmen von den neuen Möglichkeiten im Einstellungsprozess profitieren

Bewerbungsgespräche online führen?! Noch zu Beginn des Jahres hätten die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in vielen Personalabteilungen ein solches Vorhaben wahrscheinlich freundlich, aber bestimmt abgelehnt. Heute besteht ein reges Interesse an Umsetzungsmöglichkeiten, Best-Practices und Verhaltenstipps. wfc und WFG, die Wirtschaftsförderungen für die Kreise Coesfeld und Borken, sowie die Agentur für Arbeit Coesfeld haben diese Themen deshalb im 13. DIALOG Fachkräftesicherung zusammengebracht. Denn die Corona-Krise hat Online-Bewerbungsgespräche in vielen Unternehmen, aber auch Verwaltungen zum Mittel der Wahl gemacht – und das in Rekordzeit.

Einer fragt, die anderen hören zu

„Zwei Wochen haben wir benötigt, dann waren wir startklar“, sagt Franziska Niehues. Ein Zeitraum, der für digital gut aufgestellte Unternehmen vielleicht nicht überraschend ist. Franziska Niehues arbeitet jedoch in der Personalabteilung der Stadt Dülmen. Doch dort wählte man nicht nur die nötige Technik schnell aus und testete sie, sondern fand auch eine Lösung für die spezielle Herausforderung, dass die Stadtverwaltung bei Vorstellungsgesprächen in der Regel mit sechs Personen vertreten ist. „Wir treffen uns dafür gemeinsam – mit entsprechend großem Abstand – im großen Sitzungssaal der Stadt. Wir benutzen nur einen Laptop, wählen einen Kollegen aus, der hauptsächlich mit dem Bewerber spricht, und sehen den Kandidaten alle auf der großen Leinwand“, erklärt Niehues. Das Feedback der Bewerber sei durchweg positiv gewesen, so dass die Stadt das Angebot auch künftig aufrechterhalten wird – vor allem für Bewerber mit weiteren Wegen, aber grundsätzlich für jeden, der es wünscht.

Auch die anderen Praxisbeispiele zeigen: Online-Bewerbungsgespräche sind vielfach Alltag geworden. „Wir haben festgestellt, dass das Angebot unseren Einstellungsprozess beschleunigt hat, da sich ein gemeinsamer Termin für ein Webmeeting deutlich schneller finden lässt als für ein persönliches Treffen“, sagt Stephanie Kusemann vom Recruiting-Team der STF Gruppe GmbH mit Sitz in Dülmen. „Wenn nach dem Gespräch doch noch Fragen auftreten, kann kurzfristig ein zweites Webmeeting stattfinden. Damit haben wir die Möglichkeit, dem Bewerber eine starke Wertschätzung zu zeigen, die uns von Mitbewerbern im hart umkämpften Markt der Ingenieure und IT-Fachleute abhebt.“

„Wir können zeigen, dass wir digital sind“

Den Bewerber von sich zu überzeugen: Dass dies online ebenso gelingt wie im persönlichen Gespräch, diese Erfahrung hat auch das Bauunternehmen Brüninghoff aus Heiden gemacht. „Wir verlangen von unseren Bewerbern, dass sie digital fit sind. Im Webmeeting können wir zeigen, dass wir es auch sind“, erklärt Personalleiterin Ruth Weber. Auch mit dem Tablet könne man Räume zeigen und so einen Eindruck von der Arbeitsatmosphäre vor Ort vermitteln. Anfängliche Bedenken, dass die Einschätzung der Bewerber online schwieriger sei, hätten sich schnell relativiert. „Man hat vielleicht andere Indikatoren, auch weil der Einblick ins private bei den Bewerbern größer ist, aber wir haben immer einen guten Eindruck von der Person bekommen“, erklärt Weber. Mittlerweile sei ein digitales Vorgespräch fast die Regel im Unternehmen. Nur die Bewerber, die dabei überzeugen, werden dann persönlich eingeladen.

Tipps für Online-Bewerbungsgespräche von Kaja Bredemeyer (Coach und Mentorin)

Vor der Kamera

  • Licht von vorne, damit das Gesicht gut zu erkennen ist
  • präsentabler Hintergrund, schließlich repräsentiert man das Unternehmen bzw. sich selbst
  • Kamera auf Augenhöhe, denn auf Augenhöhe soll ja später auch die Zusammenarbeit stattfinden

Vorbereitung innerhalb der Personalabteilung

  • Wer ist alles beim Gespräch dabei? Wer moderiert das Gespräch?
  • Sind alle nötigen Unterlagen/Links digital bereitgelegt?
  • Ist die Bewerberinnen bzw. der Bewerber auf das Gespräch vorbereitet? Empfehlenswert ist es, sie bzw. ihn um eine ruhige Umgebung zu bitten und ihn zu bitten, Zettel und Stift bereitzulegen

Start/Ablauf des Gesprächs

  • Etwa 10 Minuten vor dem Beginn des Bewerbungsgesprächs die Bewerberin bzw. den Bewerber von einer (!) Person aus dem Unternehmen in Empfang nehmen, Technik checken, Small-Talk halten und ggf. Gesprächsregeln erklären – beispielsweise die Bitte, die Hand zu haben, wenn man etwas fragen möchte
  • Mit systemischen Fragen kann man Bewerberinnen und Bewerber auch digital sehr gut kennen lernen. Beispiele dafür sind: Wenn ich einen früheren Kollegen befragen würde, wie er Sie beschreibt, wenn Sie zur Tür hereinkommen, was würde er sagen? Wie würde ein früherer Kollege Sie in Situation XY beschreiben? Wann fühlen Sie sich besonders wirksam?
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