Aus Kutschenbauern sind keine Autohersteller entstanden

Warum die Zusammenarbeit mit Startups für Mittelständler so wichtig ist.

NORDKIRCHEN/ KREIS COESFELD. „Es kommt darauf an, das Beste aus etablierten Unternehmen und digitalen Startups zusammenzubringen, denn das macht beide Seiten stärker.“ Als Referent Clemens Wernsmann dieses Fazit zieht, sind die rund 40 Teilnehmer des wfc-Workshops „Trends zur Neuausrichtung von Geschäftsprozessen“ schon ein Stück zusammengerückt. Reihum hatten die Mittelständler am Dienstagabend auf dem Digitalcampus in Nordkirchen zunächst erklärt und auf große Papierbögen geschrieben, wo der Handlungsbedarf bei der Digitalisierung von Prozessen in ihren Unternehmen besteht. Mit Klebepunkten setzten die Startup-Unternehmer ihre Lösungsansätze daneben. Damit hatte Clemens Wernsmann, Unternehmensberater und Hochschuldozent am Institut für Prozessmanagement und Digitale Transformation (IPD) der FH Münster, eine seiner Empfehlungen direkt vor Ort umgesetzt: die digitale Transformation bitte nicht immer nur von der technischen Seite zu betrachten, sondern auch auf die Menschen einzugehen, die die Digitalisierung vorantreiben.

Was zeichnet die jungen Unternehmerinnen und Unternehmer aus, die den Etablierten helfen können, Geschäftsprozesse neu auszurichten? Auf diese Frage hatte Wernsmann viele Antworten parat: Demnach denken die „Jungen Wilden“ nicht in Grenzen, sind immer im Lösungsmodus, pflegen eine positive Fehlerkultur, arbeiten in Eigenverantwortung statt in Hierarchien und streben nach Schnelligkeit, statt nach Perfektion. „Das alles ist eine Kulturveränderung“, betonte Wernsmann. Die aktuelle Startup-Generation erfülle alle Voraussetzungen, um sogenannte agile Methoden anzuwenden, erklärte der Referent. Das bedeute, Ideen und Produkte in schlanken und ressourcenschonenden Prozessen so schnell wie möglich zu entwickeln und an den Markt zu bringen. „Minimalversion bauen, Feedback und Daten sammeln, Erfolg messen und daraus lernen“, erklärte Wernsmann. Ein weiteres wichtiges Merkmal der aktuellen Gründergeneration: Sie schöpfe die Möglichkeiten der digitalen Welt konsequent aus, die hinter Stichworten wie Vorrausschauende Dienste, Sensorik zur Steuerung und Überwachung, Robotics, Cloud Services, Datenanalyse aus Social Media, Lokalisierungstechnologie, Augmented Reality und Machine-to-Machine-Kommunikation stecken.

Die Workshopteilnehmer brachten auf den Punkt, wo sie Digitalisierungsansätze sehen. Foto: wfc.

Quer durch alle Bereiche gelte: „Mit dem Einsatz neuer digitaler Methoden und Technologien kann ein Unternehmen seine Geschäftsprozesse anpassungsfähiger, individualisierter sowie kundenkonzentrierter gestalten und somit an Wettbewerbsfähigkeit gewinnen“, sagte Wernsmann. Frischen Wind hole sich ins Haus, wer mit einem digitalen Startup zusammenarbeite, um diese Ziele zu erreichen – beispielsweise in einem Kooperationsprojekt, einem Joint Venture, im Rahmen einer Unternehmens-Ausgründung oder in einem Accelerator (Beschleuniger), wie es der Digitalcampus in Nordkirchen ist. Denn, so Wernsmann: „Es haben nicht diejenigen Autos entwickelt, die zuvor noch Kutschen gebaut haben.“

Weitere Informationen:

Der Workshop ist durch das DWNRW-Projekt start.connect gefördert worden. Ziel des Projekts ist es, digitale Startups und ihre Lösungsideen zu identifizieren und die Angebote transparent zu machen, um dadurch den etablierten Unternehmen Problemlösungen zu eröffnen. start.connect ist ein Gemeinschaftsprojekt des IPD an der FH Münster sowie der Wirtschaftsförderungen der Kreise Steinfurt und Coesfeld. Es wird vom Land Nordrhein-Westfalen gefördert und läuft zwei Jahre.