Automatisierung hilft, dem Fachkräftemangel zu begegnen
Innovative Methode der Westfälischen Hochschule unterstützt Unternehmen wie Th. Niehues
Mit Automatisierung und Robotik vorhandene Potentiale zu heben, bietet nicht nur großen Unternehmen die Chance, auf diese Weise dem Fachkräftemangel zu begegnen. Auch für kleine und mittlere Unternehmen ist der Spielraum groß – dank SAM, der Strukturierten Automatisierungs-Methode, die die Westfälische Hochschule Bocholt gemeinsam mit der WFG für den Kreis Borken entwickelt hat und durch eine Kooperation mit der wfc auch den Unternehmen im Kreis Coesfeld offen steht.
Arbeitsprozesse effizienter, moderner und nachhaltiger gestalten
Die Th. Niehues GmbH aus Senden gehörte Mitte 2023 zu den ersten Unternehmen, die mit Hilfe von SAM ihre Produktionsprozesse auf Automatisierbarkeit und Entlastungen für Fachkräfte von körperlich schwerer oder monotoner Arbeit untersucht haben.

„In unserem Unternehmen gibt es eine hohe Betriebszugehörigkeit, was bedeutet, dass in den kommenden Jahren viele erfahrene Mitarbeitende aus der Generation der Babyboomer in den Ruhestand gehen werden“, erklärt Prozessmanager André Knust (Foto) vom Spezialisten für hydraulische und elektrische Antriebs- und Steuerungstechnik. „Um diesem Verlust an Knowhow und dem generellen Fachkräftemangel entgegenzuwirken, setzen wir nicht nur auf ein umfassendes Schulungsprogramm für den Wissenstransfer, sondern auch gezielt auf Automatisierung und Digitalisierung, um Arbeitsprozesse effizienter, moderner und nachhaltiger zu gestalten.“
Die SAM-Methode war bei Niehues zudem Teil einer umfassenden Umstrukturierung des Lager- und Logistikbereichs, um Verbesserungspotentiale bei der Digitalisierung, in schlankeren Prozessen sowie im Bereich der Künstlichen Intelligenz zu identifizieren.
SAM analysiert mögliche Automatisierungspotentiale
SAM kam in drei zentralen Bereichen zum Einsatz: der PVG-Fertigung, in der modulare Ventilblöcke individuell für Kunden zusammengesetzt werden, der Schlauchfertigung und im Versand. Die ersten Schritte erfolgten mithilfe eines Tools und standardisierten Fragen zu Abläufen, Schnelligkeit, Ergonomie, Sicherheit und weiteren Aspekten. Die automatische Auswertung listete mögliche Automatisierungspotentiale auf und bewertete diese anhand des Verhältnisses von Aufwand und erwartetem Nutzen in Hinblick auf ihre Umsetzbarkeit.
Bei Niehues zeigte die SAM-Methode in allen drei Bereichen signifikante Verbesserungspotentiale. „In der PVG-Fertigung konnten wir mehrere Herausforderungen identifizieren“, erläutert André Knust. „Die Prüfung der individuell zusammengesetzten Ventilblöcke ist bislang sehr zeitaufwendig, da der Prüfstand manuell angeschlossen werden muss. Außerdem ist die körperliche Belastung für unsere Mitarbeitenden enorm, weil sie die schweren Ventile oft von Hand bewegen müssen.“
Der neue Produktionsablauf soll eine ergonomischere Gestaltung der Arbeitsprozesse ermöglichen, bei der Mitarbeitende körperlich entlastet werden. Angedacht ist unter anderem die Nutzung von Hubvorrichtungen für das Bestücken und Verpacken, um schweres Heben zu reduzieren. Der Prüfprozess wird durch eine teilautomatisierte Lösung optimiert, um die manuellen Arbeitsschritte zu vereinfachen. Aktuell ist diese Lösung in der Konstruktionsphase und soll nach dem Umzug in die neue Montagehalle, die derzeit im Bau ist, implementiert werden.
Automatische Schneidemaschine reduziert körperliche Belastung erheblich
Auch in der Schlauchfertigung führten die durch SAM aufgezeigten Potentiale zu deutlichen Verbesserungen. Um die Schläuche auf die vom Kunden gewünschte Länge zuzuschneiden, wurden diese früher mühsam von Hand von der Haspel abgerollt und bearbeitet. „Jetzt übernimmt eine automatische Schneidemaschine diese Arbeit“, erklärt Knust. „Die Maschine erhält die exakte Länge direkt aus unserem Warenwirtschaftssystem, zieht den Schlauch passend lang, schneidet ihn zu und versieht ihn mit einem Etikett.“
Die körperliche Belastung der Mitarbeitenden hat sich dadurch erheblich reduziert. „Statt vorher bis zu 30.000 Schritte pro Tag zu laufen, legt unser Mitarbeiter nun nur noch etwa ein Drittel davon zurück“, ergänzt Knust. „Er überwacht jetzt in erster Linie die Maschine und prüft die ausgegebene Qualität. Durch den Wegfall des manuellen Etikettierens und den optimierten Arbeitsablauf konnte der Output signifikant gesteigert werden.“
Automatisierung erzielt oft schon in kleinem Maßstab eine große Wirkung
„Unsere Erfahrungen zeigen, dass Automatisierung auch im kleinen Maßstab große Wirkung erzielen kann“, resümiert Knust. „Dank der SAM-Methode konnten wir unsere Potentiale zielgerichtet erkennen und nutzen. Die Ist-Aufnahme in den drei Bereichen nahm insgesamt rund sechs Stunden in Anspruch, doch das Ergebnis hat den Aufwand mehr als gerechtfertigt.“
Die Besprechung der Ergebnisse mit den Experten der Westfälischen Hochschule fand wenige Wochen später statt und legte die Basis für die anschließenden Automatisierungsmaßnahmen. Neben den konkreten Veränderungen in der PVG-Fertigung und der Schlauchfertigung dienten die SAM-Ergebnisse im Versandbereich vor allem dazu, geplante Maßnahmen zu überprüfen und gegebenenfalls anzupassen. „Wir konnten feststellen, dass wir in diesem Bereich bereits auf einem guten Weg sind. Dennoch zeigte sich, dass kleinere Ergänzungen, wie der Einsatz eines Hubtisches für schwere Sendungen, sinnvoll sein könnten.“
Weitere Informationen zur SAM-Methode, um Automatisierungspotentiale zu analysieren, gibt es bei Dr. Kirsten Tacke-Klaus und Sally Friedrich (Kontaktdaten unten).