Mehr als ein Hype: Wasserstoff als zentrales Element der Energiewende

wfc-Innovationsimpuls stellt Nutzungsmöglichkeiten für Unternehmen vor

Wirtschaftlich ist Wasserstoff häufig noch keine Alternative zur klassischen Stromversorgung. Dennoch ist das Interesse am Einsatz als Langzeitspeicher für erneuerbare Energien extrem hoch – vor allem in Unternehmen. Denn: Es gibt die Zuversicht, dass in den kommenden Jahren Wasserstoff zu marktfähigen Konditionen zur Verfügung stehen wird, und den Willen, den CO2-Fußabdruck der Betriebe zu reduzieren. Die Politik stellt dafür zahlreiche Fördermöglichkeiten zur Verfügung.

Im Kreis Coesfeld läuft aktuell nicht nur die Machbarkeitsstudie „Power-to-Gas“, um zu prüfen, ob am Standort Coesfeld-Höven die Produktion von grünem Wasserstoff möglich ist. Es gibt – angesichts hoher Investitionskosten – Gespräche, um etwa für die Errichtung von Tankstellen Bedarfe zu bündeln. Und auch eine Infrastruktur ist gegeben: „Wir können in ein vorhandenes Netz von Thyssengas einspeisen“, erklärt Landrat Dr. Christian Schulze Pellengahr.

Wasserstoff in der Quartiersentwicklung

Darüber hinaus gibt es viele weitere Wege und Möglichkeiten, Wasserstoff zu nutzen. Die wfc Wirtschaftsförderung Kreis Coesfeld GmbH stellte sie jetzt einem InnovationsImpuls vor. Ein Beispiel ist EnerRegio. Dr. Elmar Brügging, Forschungsteamleiter im Fachbereich „Energie, Gebäude, Umwelt“ der FH Münster, und sein Team haben im Bioenergiepark Saerbeck ein klimafreundliches Energiekonzept zur Produktion, Nutzung und Speicherung von Wasserstoff für Quartiere in der ländlichen Region entwickelt. Jetzt soll es in einem Wohnquartier im Kreis Steinfurt in die Praxis gehen.  „Wir wollen zeigen, wieviel Prozent Eigenversorgungsquote mit Einsatz von biologisch erzeugtem Wasserstoff aktuell machbar ist“, erklärt Brügging.

Industrieabwässer und Reststoffe nutzen

Für die Wasserstoff-Produktion gibt es verschiedene Möglichkeiten. Das FH-Team entscheid sich für die „Dunkle Fermentation“, eine Biogas-Technologie. Die „Macher“ sind hier Mikroorganismen, die unter Lichtausschluss beispielsweise Abwasser zu Wasserstoff wandeln. Genau zu diesem Forschungsfeld plant die FH Münster weitere Projekte und Kooperationen. „Die Möglichkeit, Industrieabwässer zu nutzen, kann etwa für die Lebensmittelbranche sehr interessant sein“, erklärt Brügging. „Unser Wunsch ist, dass noch mehr Unternehmen mit uns das hohe Energiepotenzial aus den eigenen Reststoffen heben und zurückführen wollen.“ Die Region sei dafür auf einem guten Weg. „Wir haben ein stabiles Netzwerk an Akteuren, zudem viel Know-how und großen Innovationswillen.“

Einer dieser Akteure ist Sebastian Niehoff, Geschäftsführer der in Rheine ansässigen BEN-Tec GmbH. Kerngeschäft des Unternehmens: Beratung, Planung und Förderservice zum Einsatz von Wasserstoff-Brennstoffzellen in Immobilien, zur Wasserstoffproduktion und zur wasserstoffbasierten Mobilität. Im Fokus stehe die Wirtschaftlichkeit der Vorhaben, die durchaus schon jetzt gegeben sein kann, wie etwa bei einem mittelständischen Lebensmittel-Betrieb der von drei Brennstoffzellen versorgt wird.

Genau hinschauen, wo sich Wasserstoff lohnt

Oft könne sich ein Projekt angesichts eingeworbener Fördermittel innerhalb von fünf Jahren refinanzieren, doch nicht immer sei es sinnvoll, auf Wasserstoff zu setzen. Im „Smart Business“, beispielsweise in Büros oder im Einzelhandel, empfiehlt Niehoff in der Regel Erdgas als Versorgungskonzept. Zukunft hätte Wasserstoff vor allem in der Industrie, aber auch in Serverfarmen. „Viele Unternehmen wollen ihre Infrastruktur schon jetzt entsprechend ausrichten, um nicht später nochmal wechseln zu müssen“, erklärte Niehoff.