Fokus Fachkräfte: Beschäftigte aus dem Ausland gewinnen
Kompliziert und oft langwierig, aber lohnend ist die Fachgewinnung aus dem Ausland für Strumpf Dirks
Beschäftigte, die nicht bei Null anfangen, sondern direkt als Fachkräfte eingesetzt werden können, die findet Dietmar Dirks in der Regel nur im Ausland. Seit acht Jahren geht der Geschäftsführer von Strumpf Dirks in Billerbeck diesen Weg, seit es in Deutschland und besonders in unserer Region kaum noch Fachkräfte in der Textilindustrie gibt und eine Ausbildung aufgrund des fehlenden schulischen Angebots eigentlich unmöglich geworden ist. Acht von zehn Mitarbeitenden in der Strickerei und fünf von elf Mitarbeitenden in der Produktion kommen bei Strumpf Dirks mittlerweile aus dem Ausland, häufig aus Osteuropa.
Wie aufwändig der Einreiseprozess ist, hängt vom Geburtsland ab
Wie lange es dauert, bis die Fachkraft einreisen kann und wie hoch der Aufwand ist, hängt – so die Erfahrung von Dietmar Dirks – meist von genau einer Sache ab: dem Geburtsland. Gehört das Land zur EU geht es schnell und unproblematisch. Was passiert, wenn das nicht der Fall ist, zeigt Dietmar Dirks an zwei Fachkräften, von denen einer aktuell nach Billerbeck kommen möchte und eine sich beworben hatte: ein Mann aus Armenien, der in Russland arbeitet, und eine Frau aus Bosnien-Herzegowina.
Der Mann passt genau auf eine offene Stelle bei Strumpf Dirks: Gesucht ist ein Produktionsleiter, um eine zweite Schicht aufbauen zu können. Der Armenier hat langjährige Arbeitserfahrung in dem Bereich, kann zusätzlich verschiedene Zertifikate vorweisen und spricht fließend Englisch und Deutsch. Die Frau hatte sich initiativ als Aushilfe beworben. Außer der Arbeitserfahrung konnte sie keine Zeugnisse vorweisen und spricht kein Deutsch. Nachdem Dietmar Dirks den zweiseitigen Antrag auf Arbeitserlaubnis für die Agentur für Arbeit ausgefüllt und die Frau ihrerseits die notwendigen Anträge beim Konsulat gestellt hatte, erhielt er nach fünf Tagen den Bescheid: Sie kann kommen.
Fachkraft aus Armenien ist notwendig, um zweite Schicht aufzubauen
Auf die armenische Fachkraft wartet er mittlerweile seit 18 Monaten. Ob und wann der Mann seinen Job in Billerbeck antreten kann, ist weiter unklar. „Der Unterschied zwischen beiden ist das Sonderabkommen, das Deutschland mit den Balkanstaaten hat – und mit Armenien nicht. Deshalb werden unter anderem die Zertifikate aus Armenien nicht anerkannt“, erklärt Dirks. „Mit gesundem Menschenverstand ist das nur sehr schwer nachvollziehbar. Die Fachkraft aus Armenien ist sehr wichtig für uns. Solange sie nicht da ist, kann ich keine zweite Schicht aufbauen, mit der ich weitere sechs bis sieben Arbeitsplätze schaffen würde. Die Politik muss endlich etwas ändern und den Aufwand und die Hürden bei der Fachkräftegewinnung aus dem Ausland verringern“, sagt er.
Bis eine Fachkraft aus dem nichteuropäischen Ausland in Billerbeck ankommt, brauchen Dirks und sein Betriebsleiter André Gibennus über Wochen und manchmal Monate hinweg mehrere volle Arbeitstage, um alles zu regeln – auch mit Blick auf den nächsten Problemfall: den Wohnungsmarkt. „Wenn die Fachkraft nicht über Bekannte, die schon hier leben, selbst eine Wohnung findet, kümmern wir uns darum. Im Fall des Armeniers zahlen wir bereits seit Ende 2022 die Miete für eine Wohnung, die immer noch leer steht“, sagt Dirks. Da stelle sich schon manchmal die Frage, ob sich der ganze Aufwand lohnt. „Aber ich möchte den Standort hier sichern und erweitern. Renommierte Maschinenhersteller testen ihre Prototypen bei uns und entwickeln sie weiter. Deshalb sind wir weltweit bekannt. Die Fachkräfte aus dem Ausland bewerben sich bei uns.“
Angekommen, um sich zu integrieren und zu bleiben
Und: Alle Fachkräfte, die in den vergangenen acht Jahren nach Billerbeck gekommen sind, arbeiten auch heute noch bei Strumpf Dirks. Denn das Kümmern gilt nicht nur für die Einreise und die Wohnungssuche, sondern auch für Sprachkurse, das Ankommen im Betrieb und im Ort und alle potentiellen weiteren Herausforderungen. „Wenn Fachkräfte neu zu uns kommen, bringen sie häufig ihre Familie mit oder haben schon Bekannte in der Region. Wenn nicht, finden sie in der Regel schnell Anschluss – über die Kollegen, aber auch weil wir sie dabei unterstützen, schnell Deutsch zu lernen und es täglich im Betrieb zu sprechen. Wir möchten, dass sie hier ihren Lebensmittelpunkt finden“, erklärt André Gibennus.
Foto: Ohne Deutschkenntnisse kam Dejan Matkovic (r.) zu Strumpf Dirks. Heute spricht er die Sprache fließend und ist Produktionsleiter im Unternehmen von Dietmar Dirks. Foto wfc/Sabrina Becker
Weitere Informationen zum Thema
Unternehmen, die Fachkräfte aus dem Ausland rekrutieren möchten, erhalten unter anderem Unterstützung von der Agentur für Arbeit Coesfeld und der IHK Nord Westfalen sowie über den Service Onboarding des Münsterland e.V. Mehr Infos zudem unter www.make-it-in-germany.com