Fokus Innovation: Nachhaltiger Klinker aus Produktionsresten

Hagemeister nutzt das Umdenken in der Gesellschaft, um alle Ressourcen zu verwerten

Technisch wäre die Innovation der Hagemeister GmbH & Co. KG schon vor vielen Jahren möglich gewesen. Doch nicht immer geht es allein um die Idee. Es braucht auch den richtigen Zeitpunkt. Denn das Nottulner Klinkerwerk stellt Klinker aus den Überresten seines Produktionsprozesses her: aus Klinkern, die beim Trocknen oder Brennen Risse bekommen haben, und aus Klinker-Rohstoff, der zwischen der Produktion von zwei Sorten in der Anlage war und als Ausschuss gilt, weil er nicht die genau vorgegebene Farbe hat. Der Name: Upcyclingbrand-Klinker. Die Nachfrage seit der Markteinführung vor rund drei Jahren: kontinuierlich steigend.

CO2-Fußabdruck rückt immer mehr in den Blick

„Jeder merkt, wie sich die Welt verändert – und wie damit die Anforderung steigt, auf seinen CO2-Fußabdruck zu achten und Ressourcen effizient zu nutzen“, erklärt Johannes Beusker, Leiter Marketing und Produktmanagement bei Hagemeister, den ersten Impuls. „In unserem Fall bedeutet das unter anderem, Ressourcen möglichst so zu verarbeiten, dass kein Ausschuss entsteht. Genau das erreichen wir mit unserem Upcyclingbrand-Klinker.“

Der Markt dafür ist seit kurzem da – vor allem im öffentlichen Sektor. „Besonders bei diesen Bauherren haben wir in den vergangenen zwei Jahre deutlich gemerkt, dass ein Umdenken eingesetzt hat. Neubauten sollen möglichst grün und nachhaltig sein. Mit dem Upcyclingbrand-Klinker setzen wir die Ressourcen nicht nur absolut effizient ein, sondern sparen auch 20 Prozent CO2 im Vergleich zur herkömmlichen Produktion ein – unter anderem, weil der Rohstoff ja schon bei uns vor Ort ist, nicht mehr antransportiert werden muss und bereits eine fein aufbereitete, verarbeitungsfähige Qualität besitzt.“

Farben der Upcyclingbrand-Klinker variieren

Ohne den neuen Fokus auf Nachhaltigkeit im Bausektor hätte der Upcycling-Klinker vermutlich kaum eine Chance. Denn: „Anders als bei normalen Klinkern, die durch die genaue Anmischung der Rezeptur und die entsprechende Brennkurve immer eine identische Farbe haben, variieren die Farben bei den Upcyclingbrand-Klinkern – auch wenn der Grundton durch die Mischung immer bräunlich ist“, erklärt Beusker. „Die Bereitschaft, dies zu akzeptieren oder sogar als individuelles Gestaltungsmerkmal zu sehen, gibt es bei Architekten und Bauherren noch nicht lange.“   

Aktuell liegt der Anteil des Upcyclingbrand-Klinkers bei 5 Prozent der Gesamtproduktion von Hagemeister. Grundsätzlich ist alles im einstelligen Prozentbereich möglich – so viel Ausschuss entsteht in der Regel bei den beiden Komponenten. Beide werden auf dem Gelände des Unternehmens gelagert. Einmal im Jahr kommt für zwei bis drei Wochen eine große Brechmaschine auf den Hof und verarbeitet den Brenn-Ausschuss, der auf drei unterschiedliche Farb-Haufen vorsortiert ist, zu feinem Ziegelgranulat.

Herausforderung: Passendes Mischverhältnis und Brennkurve finden

„Um den Upcyclingbrand-Klinker herzustellen, benötigen wir neben dem gemahlenen Brenn-Ausschuss den Klinker-Rohstoff, der beim Sortenwechsel in der Produktion übrigbleibt. Denn der ist noch nicht gebrannt“, erklärt Beusker. Bei der Entwicklung des neuen Klinkers sei es daher eine Herausforderung gewesen, das passende Mischverhältnis beider Komponenten und die dazu passende Brennkurve zu finden, um die gewohnte Qualität sicherzustellen. „Außerdem möchten die Auftraggeber auch weiterhin zumindest die ungefähre Farbe bestimmen können“, so Beusker.

Da diese mit jeder Rohstoff-Charge, die verarbeitet wird, anders ist, läuft auch der Herstellungsprozess anders ab. „Bei den herkömmlichen Klinkern stehen Rezeptur und Brennkurve genau fest. Beim Upcyclingbrand-Klinker müssen wir die Rezeptur jedes Mal neu festlegen und die Brennkurve durch Probebrände ermitteln. Das ist sehr abwechslungsreich für die Beschäftigten. Während des dreitägigen Brennvorgangs kontrollieren wir dann auch noch mal engmaschiger als beim herkömmlichen Klinker“, sagt Beusker. Bisher habe es immer geklappt.

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Sabrina Becker