Gründungswoche im Kreis Coesfeld gewinnt an Frauen-Power

Gründungswoche im Kreis Coesfeld gewinnt an Frauen-Power

„Die Selbstständigkeit hat mich stark gemacht“

 

Zum ersten Mal hat die Wirtschaftsförderung Kreis Coesfeld GmbH (wfc) im Zuge der alljährlichen Gründungswoche Deutschland ein Seminar exklusiv für angehende Unternehmerinnen aufgelegt – und das aus gutem Grund: Der weibliche Gründergeist wird in der Region immer stärker. „Inzwischen kommen mehr Frauen in unsere Gründungsberatung als Männer“, berichtet Andrea Meyer.

Die Projektleiterin der wfc war Moderatorin der Veranstaltung, „Frauen, die sich trauen“, die am vergangenen Mittwoch (15. November) stattfand und mit 26 Teilnehmerinnen eine sehr gute Resonanz erzielte. Der Konferenzraum der Geschäftsstelle der wfc in Dülmen war bis auf den letzten Platz gefüllt, als Karin Hartmann, Beauftragte für Chancengleichheit und Gründungsberaterin bei der Agentur für Arbeit, einen großen Schwung an Gründungs-Know-how weitergab.

Die Referentin betonte, dass die Vorbereitung auf die Selbstständigkeit von der Prüfung der Marktsituation bis zur Fertigstellung des Gründungskonzeptes an beide Geschlechter formal dieselben Anforderungen stelle. Zugleich aber gelte: „Frauen gründen anders“, sagte Hartmann. So stehe bei Gründerinnen beispielsweise die Vereinbarkeit von Familie und Selbstständigkeit fast immer im Vordergrund. Zudem sei bei ihnen unter anderem die Risikobereitschaft geringer und die Neigung zur Netzwerkarbeit größer.

 

„Das Miteinander ist Gold wert“

Viele der von Hartmann angesprochenen Punkte wurden von den folgenden Referentinnen bestätigt – drei Unternehmerinnen, die innerhalb der vergangenen vier Jahre gegründet hatten, jetzt über ihre Erfahrungen berichteten und viele Tipps im Gepäck hatten. Eine grundsätzliche Empfehlung zum Gründen gab Petra Urban: „Wir Frauen haben das Gefühl, wir müssten alles, wie oft beim Familienmanagement, ganz alleine schaffen, aber ohne Unterstützung geht es nicht“, betonte die Inhaberin der Physiotherapiepraxis „Raum für Frauen“.

„Holt euch Hilfe und Beratung, zum Beispiel bei der wfc“, appellierte Urban und fügte hinzu: „Am besten auch gleich mit anderen Unternehmerinnen ein ganzes Netzwerk aufbauen, das Miteinander ist Gold wert.“ Karin Hartmann stellte in diesem Zusammenhang eine Reihe von Anlaufstellen und Angeboten vor, die Netzwerkarbeit von Existenzgründerinnen und junge Unternehmerinnen unterstützen, darunter www.initiative-unternehmerinn.de, www.gruenderinnenportal.de/, www.mompreneurs.de/ sowie den Unternehmerinnenbrief NRW – ein Förderinstrument des Landes.

Dass berufliche Selbstständigkeit aber auch einen Gewinn an Arbeitszeitflexibilität bringen kann, hat der Bericht von Judith Losemann gezeigt, die einen festen Job gekündigt und ein Kochstudio eröffnet hat. Die Mutter von zwei kleinen Kindern sieht nun bessere Chancen, Familie und Beruf zu vereinbaren. „Das ist zwar sehr anstrengend, gibt aber noch mehr Kraft zurück“, sagte die Unternehmerin. Ihr Fazit: „Nur wenn ich als Mutter zufrieden bin, kann auch das Kind ausgeglichen sein.“

 

Zufrieden mit der Entscheidung, Unternehmerin zu werden, ist auch Denise Langner. Die Friseurmeisterin und Stylistin konnte es sich nicht vorstellen, über Jahre hinweg am selben Ort zu Arbeiten. „Ich bin ein Reisemensch“, erklärte sie. Aus diesem Ansatz hat sie ihre Geschäftsidee entwickelt: Sie ist als mobile Friseurin immer „auf Achse“, um ihre Kunden zum Beispiel im Vorfeld von Hochzeiten oder Fotoshootings vor Ort zu betreuen.

Zu ihrem Netzwerk gehört auch der Betrieb, der sie ausgebildet hat. „Das ist vielmehr ein Miteinander zum Vorteil beider Seiten, als dass jemandem etwas weggenommen wird“, begründete sie. Doch hat Einzelunternehmerin Langner auch erlebt, dass sie nicht unlimitiert Aufträge annehmen kann.

Nachdem sie über lange Phasen bis zu zwölf Stunden täglich gearbeitet hatte und die Belastung spürbar wurde, nutzt sie eine humanitär motivierte Reise mit einer Helfergruppe in den Senegal, um mit räumlichem Abstand ihre Situation zu überdenken. Was sie beschließt, könnte sich für viele als wertvoller Tipp erweisen: „Erstens, nicht mehr alles anbieten, sondern sich auf die Leistungen fokussieren, die wirklich Spaß machen, und zweitens, Seminare für Zeit- und Selbstmanagement absolvieren“, empfiehlt Denise Langner, die das Gründen noch keine Sekunde bereut hat. „Die Selbstständigkeit hat mich stark gemacht“, sagt sie.

 

„Haben Sie den Mut und machen Sie es!“

Um das Thema Geld ging es in den beiden Seminaren, die am Montag der Gründungswoche (13. November) auf dem Programm standen. Thilo Wiesmann (VR-Bank Westmünsterland eG) sprach über die Finanzierungsmöglichkeiten und Finanzierungsförderungen, die sich zurzeit den Gründerinnen und Gründern bieten. In einer lockeren Gesprächsrunde konnten die Teilnehmerinnen und Teilnehmer anschließend konkrete Fragen diskutieren.

Mit Frank Jasper (Sparkasse Westmünsterland) hatte die wfc noch einen weiteren Finanzexperten für die Gründungswoche gewonnen. Er referierte über die Grundlage der Existenzgründung: den Businessplan. Weil von diesem Dokument in der Regel abgeleitet werden kann, ob eine Geschäftsidee Erfolg bringt, ist es für viele Förderanträge und auch für Bankgespräche unverzichtbar. Auch Jasper stand im Anschluss an seinen Vortrag Rede und Antwort. Christina Winter (Designerseits-Grafisches Glück) widmete sich am Donnerstag (16. November) dem Thema Design.

Die Grafikerin zeigte, wie sich auch mit kleinem Budget ein stimmiger, guter Markenauftritt erzielen lässt. Zu diesem Seminar kamen Teilnehmerinnen und Teilnehmer aus unterschiedlichen Branchen und Gründungsphasen. Winter gelang es, alle abzuholen und auf viele individuelle Fragen einzugehen. Und weil das Schlusswort des Referates von Petra Urban in der Veranstaltung „Frauen, die sich trauen“ auch für Männer gilt und zur gesamten Gründungswoche passt, sei es an dieser Stelle wiederholt: : „Sie träumen von der Selbstständigkeit? Haben Sie den Mut und machen Sie es!“