So gelingt die Nutzung von KI in Unternehmen

KI-Experte Sascha Rose gibt Tipps für die Umsetzung

Mit Künstlicher Intelligenz (KI) können Unternehmen ihre Prozesse entlang der gesamten Wertschöpfungskette optimieren – von der Eingangslogistik über Produktion, Vertrieb und Einkauf bis hin zum Kundenmanagement. Doch viele Unternehmen sind noch zurückhaltend. Was die Gründe dafür sein können, wie Unternehmen das Thema angehen können und an welchen Stellen KI konkrete Vorteile bringt, erklärt Sascha Rose, KI-Trainer im Mittelstand-Digital Zentrum Lingen.Münster.Osnabrück, im Interview.

Herr Rose, man hat ein bisschen das Gefühl: Alle reden von KI, aber wenn es um den konkreten Einsatz im Arbeitsalltag geht, ist noch viel Luft nach oben. Ist das so?

Ja, das ist so. Denn wir sind aktuell noch in der Aufklärungsphase. Etwa 70 bis 80 Prozent der Unternehmen wissen nicht oder nur kaum, was Künstliche Intelligenz ist, was sie kann und wofür sie sie nutzen können. Die Unternehmen dafür zu sensibilisieren, ist aktuell eine unserer größten Aufgaben – und die braucht Zeit. Erst wenn das geschafft ist, können wir über die Anwendung von KI im Unternehmensalltag und über neue Geschäftsmodelle reden. Dennoch gibt es natürlich auch viele Unternehmen, die bereits mit KI experimentieren. Hier unterstützen wir mit tiefergehenden Workshop-Formaten bis hin zu konkreten Digitalisierungsprojekten mit einzelnen Unternehmen.

Sie sagten gerade, Ist eine solche Sensibilisierungsphase typisch für neue Technologien oder betrifft sie speziell die KI?

Sie ist typisch für alle schlecht greifbaren Technologien, wie beispielsweise auch Cloud Computing: Man nimmt den Mehrwert wahr, versteht aber nicht, was sich dahinter wirklich verbirgt und wofür man es nutzen kann. Deshalb ist es so wichtig aufzuklären und ein Bewusstsein für die Möglichkeiten zu schaffen. Sonst bleibt die Zurückhaltung in der Anwendung groß.

Ist fehlendes Wissen der einzige Grund für die Zurückhaltung?

Es ist ein wichtiger Faktor, aber die Zurückhaltung hat natürlich auch etwas mit der grundsätzlichen Kultur in Deutschland zu tun. Es gibt ein sehr hohes Bewusstsein für Datenschutz. Das ist einerseits gut, aber auch innovationshemmend. Dadurch stehen wir neuen Technologien oft sehr zurückhaltend gegenüber und fühlen uns bei dem Neuem nicht sicher.

Weitere Gründe sind häufig fehlendes Knowhow und fehlende qualifizierte Fachkräfte, um KI tatsächlich einzusetzen.

Wenn die Sensibilisierung gelungen ist: Welche konkreten Anwendungsbeispiele für KI gibt es denn aktuell für Unternehmen?

Die Anwendungsmöglichkeiten sind riesig. Überall dort, wo ich Daten sammle, kann ich KI einsetzen. Überall, wo ich mit Daten arbeite, kann ich KI einsetzen.

Aktuell ist natürlich ChatGPT der Türöffner für generative KI-Anwendungen, etwa Trendanalysen im Marketing oder SEO. Aber auch Predictive Maintenance für Ausfall-, Risiko- und Finanzprognosen und Robotik sind immer mehr in der Anwendung. Unser Ziel ist es, die Unternehmen direkt an ihrem aktuellen Kenntnisstand und Bedürfnissen abzuholen und bestmöglich auf dem Weg in die Digitalisierung und somit auch in die KI zu unterstützen. Ein zentraler Faktor dabei ist, die Expertise der Mitarbeitenden auf ein passendes Level zu heben, damit sie den Weg selbstständig weitergehen können.

Oft ist der erste Schritt am schwierigsten. Was empfehlen Sie Unternehmen, die gerade erst anfangen, sich mit KI zu beschäftigen?

So viele Daten zu sammeln, wie sie können. Egal, ob es um Energieverbrauch, Konstruktionsdaten, Kundendaten, Logistik oder Supply Chain geht. Wir schauen dann, wie wir die Daten sinnvoll für die Optimierung der Prozesse im Unternehmen nutzen können.  

Der zweite wichtige Punkt sind die Beschäftigten: Sie müssen mitgenommen und für das Thema KI sensibilisiert werden. Deshalb sollten Unternehmen schon früh Schulungen anbieten, die den Beschäftigten die Innovationsmöglichkeiten zeigen, die die Daten möglich machen.

Und drittens: trial and error! Einfach mal kleine Projekte starten, um ein Gefühl für die Möglichkeiten zu bekommen.

Was ist zusätzlich wichtig, um KI dauerhaft erfolgreich im Unternehmen einzusetzen?

Eine fortlaufende Weiterbildung für die Beschäftigten, da die Technologie unglaublich schnelllebig ist. Ein Muss ist zudem eine Unternehmensstrategie für die nächsten Jahre, zu der eine IT-Strategie und am besten auch eine KI-Strategie gehört. Ansonsten besteht die Gefahr, dass KI nur eine Inselwirkung hat und nicht ganzheitlich eingesetzt wird. Das kann am Ende die Unternehmenskultur zerstören. Dieses ganzheitliche Denken in die Köpfe zu bekommen, ist das Schwierigste, aber auch das Wichtigste. Es bringt nichts, ein spannendes Tool, das man vielleicht auf einer Messe gesehen hat, sofort zu integrieren. Man muss erstmal schauen, ob es Sinn macht und das geht nicht ohne Strategie.  

Die Zahl der KI-Tools ist schon jetzt kaum überschaubar. Täglich kommen international rund 100 neue Start-ups hinzu. Wie finden KMU die KI-Anwendungen und -Lösungen, die ihren Anforderungen entsprechen?

Den Gesamtüberblick zu behalten ist bei dieser Masse nicht möglich. Man kann nur einzelne Bereiche im Blick behalten. Es gibt verschiedene Marktplätze im Internet, in denen neue Tools kategorisiert, getestet und bewertet werden. Berater können natürlich auch helfen, vor allem mit Blick auf die Gesamtstrategie.

Was sind die nächsten relevanten KI-Trends und –Entwicklungen für Unternehmen?

Was sich abzeichnet ist, dass generative KI, die Mails verfasst, Dokumente scannt und eigenständig neuen Content generiert, immer mehr zu unserem Alltag gehören wird. Wir erwarten zudem eine engere Verschmelzung von Technologien wie im Metaverse, also reale Abbildungen in einem digitalen Umfeld oder digitale Zwillinge mit KI und VR. Auch autonome Systeme beim Fahren, Fliegen und in der Logistik werden ebenso wie Roboter eine wachsende Rolle im Berufsumfeld spielen.

Weitere Infos zu den Angeboten des Mittelstand Digital-Zentrums Lingen.Münster.Onsabrück unter https://digitalzentrum-lmo.de/

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