Kooperation von Start-up und FH: Bund fördert Entwicklung eines AR-Reiseführers
App von AugmentLabs aus Nordkirchen soll Verschwundenes und Verborgenes sichtbar machen
Historisch spannende Gebäude, die zerstört oder abgerissen worden sind, werden wieder sichtbar. Schlösser, die für die Öffentlichkeit nicht zugänglich sind, sind trotzdem von innen zu sehen. Beliebte touristische Ziele lassen sich neu erleben. Wie? Mit den „Tour-Heroes“, dem digitalen Touristen-Guide, an dem das Nordkirchener Start-up AugmentLabs aktuell arbeitet.
Die Besonderheit: Das Bundeswirtschaftsministerium fördert die Entwicklung der App mit rund 150.000 Euro über das Innovationsprogramm für Geschäftsmodelle und Pionierlösungen (IGP). Mehr als 200 Unternehmen hatten Anträge auf die Fördergelder eingereicht und nur etwa 20 bis 30 eine Zusage bekommen. „Der innovative Charakter des Projekts wird demnach als sehr hoch angesehen, sonst hätte es die Förderung nicht gegeben“, erklärt Prof. Dr. Tobias Rieke vom Bereich Digitalisierung und Projektmanagement des Instituts für Prozessmanagement und Digitale Transformation der FH Münster.
Innovationsgrad und Spaßfaktor müssen hoch sein
Rieke und sein Mitarbeiter Tim Seyock unterstützen die AugmentLabs-Gründer Maximilian Gust und Thomas Gornas bei der Entwicklung der App – und lernen dabei selbst noch hinzu. „In den vergangenen zwei Jahren haben wir uns vor allem auf Augmented-Reality-Anwendungen für Service-Prozesse in Unternehmen konzentriert. Da standen besonders die Funktionalität und die Prozessintegration im Fokus. Jetzt muss die App in erster Linie Freude machen und spannend sein“, erklärt Rieke. „Wenn man mit einer neuen App unter 1,3 Millionen Apps, die allein im App-Store von Apple zu finden sind, herausstechen möchte, ist das genauso wichtig wie der hohe Innovationsgrad“, fügt Seyock hinzu.
Grundidee der App ist es, interessante, nicht mehr vorhandene oder nicht erlebbare Gebäude wieder erlebbar zu machen – und zwar mit Hilfe zweier neuer Technologien. „Durch Augmented-Reality können wir diese Dinge wieder im realen Raum platzieren, sie zeigen, Informationen liefern, Geschichten erzählen, reale Führungen ergänzen und sie mit spielerischen Ansätzen auch für junge Zielgruppen interessant machen“, erklärt Thomas Gornas. „Zusätzlich nutzen wir künstliche Intelligenz, um die Nutzerinnen und Nutzer zu lenken, beispielsweise von den Sehenswürdigkeiten in die Innenstädte, um den lokalen Handel zu stärken. KI dient aber auch dazu, um grundsätzlich auf automatisch importierte Events, Ausstellungen oder Veranstaltungen aufmerksam zu machen – sowohl für Touristen als auch für die Bürgerinnen und Bürgern auf ihren Alltagswegen, wenn die App sagt: Wenn du hier einen kleinen Schlenker fährst, kommst du noch an einer Ausstellung vorbei. Oder: Du hast dich jetzt drei Stunden nicht bewegt, wie wäre es mit dieser Wanderroute an der Werse?“
Eine App für alle Städte
Aktuell arbeiten die Partner an der möglichst realistischen Abbildung der Inhalte. „Dafür haben wir viele technische Herausforderung in einem sehr agilen Prozess zu lösen“, erklärt Maximilian Gust. Denn: Die Tour-Heroes sollen mindestens deutschlandweit ihren Weg finden. „Wir wollen eine App für alle Städte bieten. Das ist unser zentrales Alleinstellungsmerkmal. Niemand möchte sich für jeden Urlaub oder jeden Ausflug eine neue App runterladen“, so Gust. Durch die Touren führen übrigens – je nach Auswahl der Nutzerinnen und Nutzer – ein Mann, eine Frau, ein Mädchen, ein Junge oder+ ein Haustier. „Welches Tier es sein soll, diskutieren wir gerade intensiv“, erzählt Gust.
Spätestens Ende August 2022 soll die App fertig sein und auf den Markt kommen. Dann endet auch die Förderung des Bundeswirtschaftsministeriums – eine weitere Besonderheit. „Normalerweise fördert der Bund nur die Entwicklung von Prototypen. Dass es in diesem Programm eine finanzielle Unterstützung bis zur Marktreife gibt, zeigt wie wichtig auch dem Bund der Erfolg der App ist“, erklärt Christian Holterhues, Innovationsberater der wfc Wirtschaftsförderung Kreis Coesfeld. Die wfc hat das Start-up bei der Antragsstellung unterstützt und im Vorfeld den Kontakt zur FH Münster vermittelt. „Dass AugmentLabs und die FH Münster in der Entwicklung des AR-Reiseführers zusammenarbeiten, war sicherlich auch ein großer Vorteil im Wettbewerb um die Fördermittel. Wir arbeiten daran, dass es künftig noch mehr solche erfolgreichen Kooperationen gibt“, so Holterhues.