Fokus Fachkräfte: Mehr Effizienz durch Automatisierung

Die Langguth GmbH hat Produktionsabläufe komplett neu gestaltet, um die Arbeit noch besser zu strukturieren

In der gleichen Arbeitszeit mit der gleichen Personalanzahl fast 20 Prozent mehr produzieren: Dieses Ziel hat die Langguth GmbH aus Senden erreicht – und dafür ihre Produktion komplett neu strukturiert. Mehr als vier Jahre hat der aufwändige Prozess gedauert. Erst im Laufe des aktuellen Jahres wird er abgeschlossen sein. „Die Nachfrage nach unseren Etikettiermaschinen steigt seit Jahren und hat in der Corona-Pandemie nochmal einen Sprung nach oben gemacht. Gleichzeitig wird es immer schwieriger, Fachkräfte zu finden. Deshalb haben wir uns entschieden, den Automatisierungs- und Spezialisierungsgrad zu erhöhen. So können wir bis zu einem gewissen Punkt mehr produzieren, ohne dafür mehr Personal zu benötigen“, sagt Geschäftsführer Peter Tschoepe.

Getaktete Linienproduktion statt des direkten Zusammenbaus einer Maschine

Im alten Produktionssystem wurde jeder Maschinentyp für sich betrachtet. Ein Team hat eine Maschine mit allen Teilen von Anfang bis Ende komplett zusammengebaut. „Es waren also mehrere tausend Teile, auch Schrauben, Muttern und Unterlegscheiben, aus denen sich die Mitarbeiter die heraussuchen mussten, die sie gerade benötigen. Das Suchen allein kostete schon viel Zeit. Wenn dann noch ein Teil fehlte und aus dem Lager geholt werden musste, stoppte das häufig das ganze Team“, erläutert Produktionsleiter Franz-Josef Gehling. Effizienzsteigerungen waren auf diese Art kaum noch möglich.

Deshalb arbeitet Langguth nun mit einer getakteten Linienproduktion. „Sie ist in der Automobilindustrie schon seit Jahrzehnten Standard und kommt nun nach und nach auch in der Verpackungsmaschinenindustrie an“, erklärt Tschoepe. Für die Linienproduktion wurden die Maschinen in einzelne, kleine Baugruppen aufgeteilt, die in mehrere Modelle passen. Die Produktionsmitarbeiter setzen nicht mehr die ganze Maschine auf einmal zusammen, sondern zunächst nur die Baugruppen, die dann zurück ins Lager kommen. Sie werden später zu 10 bis 20 Oberbaugruppen zusammengefügt, aus denen dann final die Maschine zusammengesetzt wird.

Standardisierung von Maschinenteilen bringt weiteren Effizienzschub

„Die Aufgaben sind also viel spezialisierter“, erklärt Gehling. Doch nicht nur das schafft Effizienz. „Denkt man nicht mehr von der Maschine, sondern von der Funktion her, stellt man fest, dass wir viele Teile mit identischen Funktionen haben, die aber trotzdem in Kleinigkeiten anders sind. Das kostet Zeit – im Einkauf, bei der Teilezuordnung und beim Einbau. Ein wichtiger Schritt war es deshalb, die unterschiedlichen Teile, die in den Maschinen verbaut werden, zu reduzieren. Das ist uns um fast 30 Prozent gelungen.“

Welche Teile wie angepasst werden können und wie die Baugruppen effektiv eingeteilt werden können, haben die Langguth-Beschäftigten in verschiedenen Teams mit Hilfe externer Berater selbst erarbeitet. „Sie kennen die Maschinen am besten. Uns war es außerdem wichtig, dass die Veränderungen nicht von oben diktiert werden. Auch deshalb haben wir die Berater eingesetzt. Die extrem hohe Akzeptanz bei den Beschäftigten hat uns am Ende dann aber doch überrascht“, blickt Tschoepe zurück. „Schließlich hat die Produktionsumstellung erhebliche Veränderungen mit sich gebracht.“

Fehlende Teile und fertige Baugruppen kommen per Klick aus dem Lager in die Produktion

Nicht nur sämtliche Aufgaben und Bauzeichnungen sind für die Mitarbeitenden jetzt über ihre Tablets abrufbar, auch benötigte Baugruppen oder fehlende Einzelteile aus dem Lager werden per Klick bestellt. Der Gang ins Lager entfällt somit für die Industriemechaniker. Die Fachkräfte für Lagerlogistik übernehmen stattdessen die komplette Vorsortierung der benötigten Teile für die Baugruppen, bestellen Waren nach, geben fehlende Teile heraus, prüfen die Qualität der einzelnen Teile und verwalten die fertigen Baugruppen. „Das hat die Effizienz deutlich erhöht, aber auch die Attraktivität des Jobs gesteigert, was uns wiederum bei der Fachkräftesuche hilft“, erklärt Gehling.

Da durch die Vorsortierung und die Lagerung der fertigen Baugruppen mehr Platz benötigt wird, hat die Langguth GmbH das Lager durch einen Anbau erweitert. „Hier wäre es nun denkbar, auch die Baugruppen automatisiert ein- und ausfahren zu lassen. Aber das ist noch Zukunftsmusik“, sagt Tschoepe. „Jetzt stehen erstmal als letzte Schritte der Umstellung die Einführung unseres neuen ERP-Softwaresystems und der räumliche Umbau der Produktion an, damit auch die Wege so kurz wie möglich sind.“

Foto: Mit gleicher Personalanzahl mehr produzieren: Dieses Ziel hat die Langguth GmbH dank einer kompletten Neustrukturierung der Produktion und automatisierten Anläufen erreicht, wie Produktionsleiter Franz-Josef Gehling (l.) und Geschäftsführer Peter Tschoepe erklären. Foto wfc/ Sabrina Becker


Weitere Informationen zum Thema

Mit Prozessinnovationen und einer Steigerung des Automatisierungsgrads können Unternehmen Fachkräfte effektiver einsetzen und ihren Fachkräftebedarf verringern. Bund und Land bieten für Vorhaben zu diesen Themen verschiedene Förderprogramme an. Die wfc unterstützt die Unternehmen bei der Auswahl der passenden Programme. Einen ersten Überblick gibt es unter https://wfc-kreis-coesfeld.de/innovation-und-digitalisierung/foerdermittel-innovation-und-digitalisierung/  

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