Angebote zur Familienfreundlichkeit machen den Unterschied
Unternehmen, die sich stark in der Vereinbarkeit von Beruf und Familie engagieren, haben im Vergleich zu Arbeitgebenden, die es nicht tun, eine um 60 Prozent geringere Fehlzeitenquote, knapp 50 Prozent weniger Krankmeldungen, 20 Prozent weniger Eigenkündigungen und eine um 17 Prozent schnellere Besetzung offener Stellen. „Spätestens dieses Wissen macht deutlich: Die Bedeutung der Angebote zur Vereinbarkeit von Familie und Beruf sind für ein Unternehmen nicht zu unterschätzen“, erklärte Dr. Jürgen Grüner, Geschäftsführer der wfc Wirtschaftsförderung Kreis Coesfeld GmbH, am Montagabend beim wfc-InnovationsImpuls „Alles im Einklang?! Wege zur besseren Vereinbarkeit von Beruf und Familie“.
Angebote müssen passgenau und flexibel sein
In Kooperation mit dem Forschungszentrum Familienbewusste Personalpolitik (FFP) hatte die wfc im neuen Tagungsgebäude der Werkstätten Karthaus in Dülmen aktuelle Zahlen, wissenschaftliche Hintergründe, Beispiele aus der Praxis sowie die konkreten Angebote der wfc, des FFP und des Kompetenzzentrums Frau und Beruf Münsterland zum Thema vorgestellt. Denn: „Angebote zur Vereinbarkeit von Familie und Beruf bringen nur etwas, wenn sie passgenau und flexibel sind – und die Mitarbeitenden regelmäßig gefragt werden, ob die aktuellen Angebote noch ihrem Bedarf entsprechen oder verändert werden müssen“, erklärte Henning Stroers vom Forschungszentrum Familienbewusste Personalpolitik in Münster.
Viele Unternehmen haben das bereits erkannt, und doch scheint sich noch einiges bewegen zu müssen. „Laut einer Umfrage des Bundesfamilienministeriums von 2019 schätzen 44 Prozent der Arbeitgebenden die Unternehmenskultur in Deutschland als sehr familienfreundlich ein, aber nur 24 Prozent der Beschäftigten“, zitierte Corinna Schein vom Forschungszentrum Familienbewusste Personalpolitik. „Diese Zahlen zeigen auch ein Problem, das wir immer wieder in Unternehmen beobachten: Es gibt große Defizite bei der Kommunikation der Angebote – sowohl innerhalb des Unternehmens als auch nach außen.“
Praxisbeispiel: Christophorus Trägergesellschaft
Ideen zur Lösung des Problems aus der Praxis stellte Angele Daalmann, Leiterin Strategisches Personalmanagement der Christophorus Trägergesellschaft, vor. Die Gesellschaft hat ihre Angebote zur Vereinbarkeit von Beruf und Familie oder Pflege vor kurzem unter dem Dach „Beruf und Leben“ zusammengefasst. Dazu gehören neben Angeboten für Familien viele weitere Angebote wie zum Beispiel unterschiedliche Arbeitszeitmodelle, Jahresgespräche mit den Mitarbeitern, Möglichkeiten der betrieblichen Altersvorsorge oder das betriebliche Gesundheitsmanagement. „So können wir deutlich machen, dass wir für viele Mitarbeiter etwas bieten und nicht begrenzt sind auf jene, die sich um Kinder kümmern oder Angehörige pflegen“, sagte Daalmann.
Kommuniziert wird das Angebot unter anderem über die neue Christophorus-App CApp. „Über 1200 unserer Mitarbeiter nutzen die CApp mittlerweile. Neben vielen Neuigkeiten gibt es Speisepläne, das Mitarbeiterverzeichnis und auch die Möglichkeit, Kommentare zu hinterlassen oder Fragen zu stellen“, erklärt Daalmann. Vielfach genutzt werde zudem die geschützte Gruppenchat-Funktion für Ab-sprachen innerhalb der Teams sowie eine Rubrik zur freien Nutzung, das digitale Schwarze Brett.
Praxisbeispiel: Unternehmensgruppe Pietsch
Dass gute Ideen zur Familienfreundlichkeit nicht immer neu erfunden werden müssen, zeigte Rendel Pietsch von der Unternehmensgruppe Pietsch mit Sitz in Ahaus. Viele Angebote im Unternehmen wie etwa zur Flexibilisierung der Arbeitszeit, Frauen in Führungspositionen oder der Unterstützung von Handwerksbetrieben bei der Beschäftigung von Geflüchteten sind aus einem Tandem-Projekt mit der ERGO Group unter wissenschaftlicher Begleitung durch das FFP entstanden. Weitere sollen folgen.
Unternehmen aus dem Kreis Coesfeld, die ebenfalls Interesse haben, im Tandem mit einem anderen Unternehmen und mit Unterstützung des FFP an Angeboten zur Familienfreundlichkeit zu arbeiten, können sich noch bis Ende März für die Neuauflage des Angebots bewerben. Infos unter www.ffp.de
Präsentationen zum Download
Forschungszentrum Familienbewusste Personalpolitik – Corinna Schein
Forschungszentrum Familienbewusste Personalpolitik – Henning Stroers