Kategorie: Allgemein

Unternehmen kooperieren bei der Wasserstoffversorgung

Energieintensiver Mittelstand treibt die Transformation über die Kreisgrenzen hinaus voran

Gemeinsam die Energiewende in der Produktion vorantreiben: Dieses Ziel haben sich jetzt sich die Dülmener YARA GmbH & Co. KG, Klinkerwerke Hagemeister aus Nottuln, die Billerbecker Dr. Suwelack GmbH & Co. KG und die Gelsenkirchener ZING-Gruppe gesetzt – und wollen dies mit klimaneutralem Wasserstoff als Alternative zu fossilen Energieträgern erreichen.

Konzepte für klimaneutrale Transformation sind in Arbeit oder bereits fertig

„Wir stehen bereit, unseren Beitrag zum Klimaschutz schnell zu leisten. Einige von uns haben bereits fertige Konzepte in der Schublade oder erproben sogar, wie sich die Produktion von fossilen Energieträgern auf Wasserstoff umstellen lässt. Andere erarbeiten konkrete Transformationskonzepte“, erklärte Lars Baumgürtel, geschäftsführender Gesellschafter der ZINQ-Gruppe, Vize-Präsident der IHK Nord Westfalen und Sprecher der Unternehmerinitiative Klimahafen Gelsenkirchen beim Zusammentreffen in Gelsenkirchen.

Er betonte aber auch: „Wir brauchen dafür die richtigen Rahmenbedingungen. Dazu zählen neben einer mittelstandsgerechten Regulatorik und einem Ausbau der Pipeline-Infrastruktur auch die Verfügbarkeit von Wasserstoff zu wettbewerbsfähigen Preisen.“ Ein Unternehmen, das Wasserstoff verfügbar machen kann, ist YARA. Als weltweit größter Ammoniak-Händler verfügt YARA in Deutschland über Importterminals in Brunsbüttel und Rostock und produziert Ammoniak in Brunsbüttel.

Ausweitung der Wasserstoffproduktion bis 2028 geplant

Bis 2028 will YARA die Produktion von treibhausgasneutralem Wasserstoff hochfahren, ihn anschließend für den Transport in Ammoniak umwandeln und nach Brunsbüttel und Rostock bringen. Dort oder bei Abnehmern im Hinterland kann das Ammoniak dann wieder in Wasserstoff zurückgeführt und für die Energieversorgung genutzt werden. Zusätzlich erwägt YARA in Brunsbüttel einen 250 MW-Elektrolyseur zu errichten, um überschüssigen Strom aus den Offshore-Windparks für die Produktion von grünem Wasserstoff zu nutzen.

„Bislang ist YARA vor allem als Produzent und Lieferant von Düngemitteln für die Landwirtschaft international bekannt. Unser Ammoniak beziehungsweise unser Wasserstoff kann und soll künftig aber auch einen Beitrag zur energetischen Transformation der produzierenden Wirtschaft leisten. Um dieses Geschäftsfeld weiterzuentwickeln, suchen wir gezielt Kooperationen mit dem Mittelstand“, erklärte Marco Fleischmann, Geschäftsführer von YARA Deutschland, das Interesse seines Unternehmens an der Zusammenarbeit.

Technische und wirtschaftliche Machbarkeit einer Wasserstoffversorgung auf Basis von Ammoniak prüfen

Gemeinsam mit Christian Hagemeister (Klinkerwerke Hagemeister), Frank Hengstermann (Dr. Suwelack) sowie Vertretern der Wirtschaftsförderungen und der IHK Nord Westfalen, die ebenfalls an dem Termin teilgenommen hatten, vereinbarten Fleischmann und Baumgürtel, die Gespräche weiterzuführen. Insbesondere soll dann die technische und wirtschaftliche Machbarkeit einer Wasserstoffversorgung auf Basis von Ammoniak pilothaft für ausgewählte Unternehmensstandorte untersucht werden.

„So können wir Wege aufzeigen, wie die Transformation schnell und trotzdem wirtschaftlich in unseren, aber auch in anderen Unternehmen im Münsterland und der Emscher-Lippe-Region gelingen kann. Doch dafür brauchen wir die Unterstützung der Politik in Bund und Land“, betonte Lars Baumgürtel.

Bildzeile:

Wasserstoff statt fossile Brennstoffe: Um die Nutzung des klimaneutralen Energieträgers auf Basis von Ammoniak für die Produktion voranzutreiben, wollen die YARA GmbH & Co. KG, Klinkerwerke Hagemeister, Dr. Suwelack GmbH & Co. KG und die ZING-Gruppe kooperieren. Foto: Mechthild Mohr/ Yara GmbH & Co. KG

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Dr. Jürgen Grüner

Neue, öffentliche Bio-CNG-Tankstelle in Coesfeld

Startschuss für langfristige Kooperation von REMONDIS und Westfalen AG

Das Recyclingunternehmen REMONDIS und die Westfalen Gruppe haben in Coesfeld eine neue Bio-CNG-Tankstelle eröffnet. An der öffentlichen Station am Dreischkamp 38 können ab sofort alle marktüblichen Lkw und Pkw rund um die Uhr das nicht-fossile Biogas tanken, das aus Abfall- und Reststoffen gewonnen wird. Ziel der Kooperation ist es, die Abfalllogistik im innerstädtischen Verkehr umweltfreundlicher zu gestalten. Die Einweihung der neuen Bio-CNG-Tankstelle in Coesfeld dient zudem als offizieller Startschuss für die langfristig angestrebte Zusammenarbeit beider Unternehmen.

Klimafreundliche Abfallabfuhr schont Umwelt und Wirtschaft

Bio-CNG bringt für die Dekarbonisierung des Mobilitätssektors eine Reihe verschiedener Vorteile mit: Neben der sehr starken Reduktion von Feinstaub und Stickoxid, wird bereits bei der Produktion nahezu dieselbe Menge CO2 aufgenommen, die später bei der Verbrennung ausgestoßen wird. Die Gesamtmenge an CO2 in der Atmosphäre bleibt durch diesen Kreislauf somit konstant und erhöht sich nicht. Für die Stadt Coesfeld stellt das Projekt einen weiteren wichtigen Beitrag zum Klimaschutz dar, wie die stellvertretende Bürgermeisterin Ulrike Fascher bei der Einweihung betonte: „Mit der Eröffnung der Bio-CNG-Tankstelle kommt neben Windkraft und Photovoltaik ein weiterer Baustein für die Stadt Coesfeld dazu, um die Reduktion von CO2-Emissionen zu fördern und die Klimaziele zu erreichen.“

Im Zuge der Umstellung von Diesel auf das CO2-arme Biogas wird REMONDIS vermehrt auf biogas-betriebene Abfallsammelfahrzeuge in der Region setzen, von denen bereits seit 2021 einige im Münsterland unterwegs sind. Dieses Vorhaben wird nun auch durch die neuerrichtete Tankstelle untermauert. Thorsten Feldt, Geschäftsführer REMONDIS Region West: „Die Umstellung auf klimafreundliche Antriebe ist alternativlos, aber auch mit großen Investitionen in Fahrzeuge und Infrastruktur verbunden. Ein partnerschaftliches Modell wie hier im Kreis Coesfeld ist zielführend, um diese Zukunftsaufgabe erfolgreich meistern zu können. So können wir mit der Umstellung auf Bio-CNG nicht nur den Bürgerinnen und Bürgern, sondern auch den Gewerbe- und Industriekunden in der Region eine klimafreundliche Abfuhr ihrer Abfälle anbieten.“

Lokale CNG-Produktion erhöht wirtschaftliche Planbarkeit

Mit Reichweiten von bis zu 800 Kilometer eignet sich Bio-CNG insbesondere für leichte und schwere Nutzfahrzeugflotten im Nahverkehr. Dabei unterscheidet sich der Tankvorgang kaum von einer Betankung mit Diesel und dauert genauso lang. So bildet Biogas ein Gesamtpaket, von dem Umwelt und Wirtschaft gleichermaßen profitieren: „Bio-CNG ist ein alternativer Kraftstoff, mit dem sich ökologische und ökonomische Zielsetzungen sehr gut in Einklang bringen lassen“, erklärt Andre Stracke, Leiter Mobility bei Westfalen. „Aufgrund der lokalen Produktion fallen auch die Auswirkungen geopolitischer Preisschwankungen, wie wir sie in der Vergangenheit des Öfteren erlebt haben, nicht so stark ins Gewicht, sodass entsprechende Fahrzeuge planbar wirtschaftlich eingesetzt werden können.“

Text und Bild: Westfalen AG

Fokus Fachkräfte: Vereinbarkeit von Beruf und Pflege

Bei der Christophorus Gruppe und im St. Marien-Hospital sind vor allem Flexibilität und Informationen gefragt

Flexibilität ist das Schlagwort, wenn es um die Vereinbarkeit von Beruf und (Privat-)Leben geht. Das gilt für die Kinderbetreuung ebenso wie für das Fußballtraining und die Yogastunde. Um den Beruf auch mit der Pflege eines Angehörigen vereinbaren zu können, kommen jedoch noch zwei weitere Aspekte ins Spiel: Information und Austausch. Denn wenn ein Angehöriger gepflegt werden muss, kennen die Beschäftigten zu oft ihre gesetzlichen Rechte und die Angebote ihres Arbeitsgebers nicht. Und zu oft sprechen Beschäftigte das Thema auf der Arbeit erst gar nicht an.

Bestehende gesetzliche Angebote werden zu wenig in Anspruch genommen

Im St. Marien-Hospital in Lüdinghausen steht die Vereinbarkeit von Beruf und Pflege deshalb aktuell weit oben auf der Agenda. „Viele Jahre ging es in erster Linie um flexible Arbeitsangebote für die Kinderbetreuung, um die Beschäftigten für uns zu gewinnen und auch zu binden. Mittlerweile sind viele Beschäftigte über 50 Jahre alt – und die Pflege von Angehörigen wird ein immer relevanteres Thema“, sagt Pflegedirektor Johannes Beermann. „Wir merken, dass gesetzlich bestehende Angebote wie das Pflegeunterstützungsgeld, das in einer akuten Situation eine zehntägige Auszeit vom Beruf ermöglicht, sowie die Pflegezeit und die Familienpflegezeit kaum in Anspruch genommen werden – und häufig auch nicht bekannt sind. Das wollen wir dringend ändern.“ Denn: „Pflege als Beruf sei schon Herausforderung genug. „Wenn unsere Beschäftigten nicht nur beruflich, sondern auch noch privat Pflege leisten, möchten wir, dass sie mindestens die Dinge in Anspruch nehmen, die ihnen zustehen – und mit uns ins Gespräch gehen, wie wir die Pflegesituation und den Beruf bestmöglich miteinander vereinbaren können“, erklärt Beermann. Hier steht der Sozialdienst des St. Marien-Hospitals den Beschäftigten beratend zur Seite.

Brückenteam unterstützt Mitarbeitende der Christophorus Gruppe

Die Christophorus Gruppe hat dafür das Angebot des Brückenteams geschaffen. Seit mehr als vier Jahren gibt es an jedem der drei Standorte in Coesfeld, Dülmen und Nottuln feste Ansprechpartner zur Pflege von Angehörigen. „Wir klären über Rechte auf, informieren zu Pflegegraden, Unterstützungsmöglichkeiten und Pflegezeiten. Wir sind Lotsen, aber manchmal auch einfach nur Zuhörer. Denn das ist gerade bei diesem Thema oft besonders wichtig“, sagt Beate Hörbelt, Leiterin des Brückenteams. Die Mitglieder des Teams sind zudem jederzeit ansprechbar – ohne Terminvereinbarung.

„Eine Pflegebedürftigkeit tritt häufig plötzlich auf. Wenn man sich dann direkt an einen Ansprechpartner wenden kann, der das entsprechende Knowhow hat, gibt das sehr viel Sicherheit und spart natürlich auch Zeit.“ Wer die Ansprechpartner aus dem Brückenteam sind, zeigt die Mitarbeiter-App der Christophorus Gruppe. Hier gibt es auch alle wichtigen Informationen zum Thema Pflege zum Nachlesen. Um immer auf dem neuesten Stand und im Austausch zum Thema zu bleiben, nimmt die Christophorus-Gruppe zudem am Landesprogramm NRW zur Vereinbarkeit von Beruf und Pflege teil.

Flexible Arbeitszeiten und individuell passende Angebote

Stellt sich heraus, dass eine dauerhafte Pflege notwendig ist, dann können die Beschäftigten auf unterschiedliche Möglichkeiten wie zum Beispiel flexible Arbeitszeiten zurückgreifen, die bei der Christophorus Gruppe zum Gesamtkontext „Beruf und Leben“ gehören. „Wir nehmen die Wünsche unserer Beschäftigten sehr ernst – das ist uns wichtig. Jede und jeder soll ein möglichst passendes Angebot finden“, sagt Angele Daalmann, zuständig für das Strategische Personalmanagement der Christophorus Gruppe. Die Leitungen und Teams in den unterschiedlichen Bereichen seien diesbezüglich im Rahmen der Möglichkeiten sehr offen und kreativ.

So sieht es auch Johannes Beermann. „Flexiblere Arbeitszeiten sind heute von allen gewünscht – und vieles kann direkt auf Teamebene geregelt werden. Darüber hinaus gibt es im St. Marien-Hospital ein sogenanntes Flexteam, in dem Beschäftigte spezielle Wunscharbeitszeiten garantiert bekommen. Im Bereich der Pflege von Angehörigen haben wir als Krankenhaus allerdings noch weitergehende Möglichkeiten. Warum soll es durch unseren Verbund mit der Franziskus-Gruppe zum Beispiel nicht möglich sein, unseren Beschäftigten – wenn nötig – Kurzzeitpflege-Plätze für ihre Angehörigen zur Verfügung zu stellen?!“ Die Christophorus Gruppe nutzt bereits eine ihrer besonderen Kompetenzen: „Wenn Patienten nach ihrem Aufenthalt bei uns weiter pflegebedürftig sind, können ihre Angehörigen einen Pflegekurs machen. Dieses Angebot steht bei Bedarf auch unseren Beschäftigten offen“, erklärt Beate Hörbelt.

Foto: Das Brückenteam steht den Mitarbeitenden der Christophorus Gruppe immer als Ansprechpartner für Fragen rund um Beruf und Pflege zur Verfügung. Foto Christophorus Gruppe/ Carolin Böcker


Weitere Informationen

Das Landesprogramm „Vereinbarkeit Beruf & Pflege“ unterstützt Unternehmen dabei, die Vereinbarkeit von Beruf und Pflege für ihre Beschäftigten zu verbessern. Es bietet umfangreiche aktuelle Informationen zum Thema über die Website sowie weitere Hilfen über den Betrieblichen Pflegekoffer. Unternehmen haben zudem die Möglichkeit, Beschäftigte kostenfrei in 2,5 Tagen als Pflege-Guides, als Vertrauenspersonen zum Thema, qualifizieren zu lassen. Mit dem Siegel des Landesprogramms wird das Engagement zusätzlich nach außen sichtbar: www.berufundpflege-nrw.de

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Sabrina Becker

Fokus Fachkräfte: Beschäftigte aus dem Ausland gewinnen

Kompliziert und oft langwierig, aber lohnend ist die Fachgewinnung aus dem Ausland für Strumpf Dirks

Beschäftigte, die nicht bei Null anfangen, sondern direkt als Fachkräfte eingesetzt werden können, die findet Dietmar Dirks in der Regel nur im Ausland. Seit acht Jahren geht der Geschäftsführer von Strumpf Dirks in Billerbeck diesen Weg, seit es in Deutschland und besonders in unserer Region kaum noch Fachkräfte in der Textilindustrie gibt und eine Ausbildung aufgrund des fehlenden schulischen Angebots eigentlich unmöglich geworden ist. Acht von zehn Mitarbeitenden in der Strickerei und fünf von elf Mitarbeitenden in der Produktion kommen bei Strumpf Dirks mittlerweile aus dem Ausland, häufig aus Osteuropa.

Wie aufwändig der Einreiseprozess ist, hängt vom Geburtsland ab

Wie lange es dauert, bis die Fachkraft einreisen kann und wie hoch der Aufwand ist, hängt – so die Erfahrung von Dietmar Dirks – meist von genau einer Sache ab: dem Geburtsland. Gehört das Land zur EU geht es schnell und unproblematisch. Was passiert, wenn das nicht der Fall ist, zeigt Dietmar Dirks an zwei Fachkräften, von denen einer aktuell nach Billerbeck kommen möchte und eine sich beworben hatte: ein Mann aus Armenien, der in Russland arbeitet, und eine Frau aus Bosnien-Herzegowina.

Der Mann passt genau auf eine offene Stelle bei Strumpf Dirks: Gesucht ist ein Produktionsleiter, um eine zweite Schicht aufbauen zu können. Der Armenier hat langjährige Arbeitserfahrung in dem Bereich, kann zusätzlich verschiedene Zertifikate vorweisen und spricht fließend Englisch und Deutsch. Die Frau hatte sich initiativ als Aushilfe beworben. Außer der Arbeitserfahrung konnte sie keine Zeugnisse vorweisen und spricht kein Deutsch. Nachdem Dietmar Dirks den zweiseitigen Antrag auf Arbeitserlaubnis für die Agentur für Arbeit ausgefüllt und die Frau ihrerseits die notwendigen Anträge beim Konsulat gestellt hatte, erhielt er nach fünf Tagen den Bescheid: Sie kann kommen.

Fachkraft aus Armenien ist notwendig, um zweite Schicht aufzubauen

Auf die armenische Fachkraft wartet er mittlerweile seit 18 Monaten. Ob und wann der Mann seinen Job in Billerbeck antreten kann, ist weiter unklar. „Der Unterschied zwischen beiden ist das Sonderabkommen, das Deutschland mit den Balkanstaaten hat – und mit Armenien nicht. Deshalb werden unter anderem die Zertifikate aus Armenien nicht anerkannt“, erklärt Dirks. „Mit gesundem Menschenverstand ist das nur sehr schwer nachvollziehbar. Die Fachkraft aus Armenien ist sehr wichtig für uns. Solange sie nicht da ist, kann ich keine zweite Schicht aufbauen, mit der ich weitere sechs bis sieben Arbeitsplätze schaffen würde. Die Politik muss endlich etwas ändern und den Aufwand und die Hürden bei der Fachkräftegewinnung aus dem Ausland verringern“, sagt er.

Bis eine Fachkraft aus dem nichteuropäischen Ausland in Billerbeck ankommt, brauchen Dirks und sein Betriebsleiter André Gibennus über Wochen und manchmal Monate hinweg mehrere volle Arbeitstage, um alles zu regeln – auch mit Blick auf den nächsten Problemfall: den Wohnungsmarkt. „Wenn die Fachkraft nicht über Bekannte, die schon hier leben, selbst eine Wohnung findet, kümmern wir uns darum. Im Fall des Armeniers zahlen wir bereits seit Ende 2022 die Miete für eine Wohnung, die immer noch leer steht“, sagt Dirks. Da stelle sich schon manchmal die Frage, ob sich der ganze Aufwand lohnt. „Aber ich möchte den Standort hier sichern und erweitern. Renommierte Maschinenhersteller testen ihre Prototypen bei uns und entwickeln sie weiter. Deshalb sind wir weltweit bekannt. Die Fachkräfte aus dem Ausland bewerben sich bei uns.“

Angekommen, um sich zu integrieren und zu bleiben

Und: Alle Fachkräfte, die in den vergangenen acht Jahren nach Billerbeck gekommen sind, arbeiten auch heute noch bei Strumpf Dirks. Denn das Kümmern gilt nicht nur für die Einreise und die Wohnungssuche, sondern auch für Sprachkurse, das Ankommen im Betrieb und im Ort und alle potentiellen weiteren Herausforderungen. „Wenn Fachkräfte neu zu uns kommen, bringen sie häufig ihre Familie mit oder haben schon Bekannte in der Region. Wenn nicht, finden sie in der Regel schnell Anschluss – über die Kollegen, aber auch weil wir sie dabei unterstützen, schnell Deutsch zu lernen und es täglich im Betrieb zu sprechen. Wir möchten, dass sie hier ihren Lebensmittelpunkt finden“, erklärt André Gibennus.

Foto: Ohne Deutschkenntnisse kam Dejan Matkovic (r.) zu Strumpf Dirks. Heute spricht er die Sprache fließend und ist Produktionsleiter im Unternehmen von Dietmar Dirks. Foto wfc/Sabrina Becker


Weitere Informationen zum Thema

Unternehmen, die Fachkräfte aus dem Ausland rekrutieren möchten, erhalten unter anderem Unterstützung von der Agentur für Arbeit Coesfeld und der IHK Nord Westfalen sowie über den Service Onboarding des Münsterland e.V. Mehr Infos zudem unter www.make-it-in-germany.com

Ihre Ansprechpartner
Sabrina Becker

Fokus Fachkräfte: Qualifizierung rückt neue Zielgruppen in den Blick

CaPlast bietet fachfremden Beschäftigten zweiten Berufsabschluss/ Parador bildet Leiharbeiter aus

Wenn Fachkräfte fehlen und konkrete Stellenausschreibungen die Lücken genauso wenig schließen können wie die klassische betriebseigene Ausbildung, dann lohnt sich ein Blick auf fachfremde Berufe oder die Liste der eigenen Angestellten. Denn mit Hilfe von Qualifizierungen werden ehemalige Kioskbesitzer zu Verfahrensmechanikern und Leiharbeiter mit abgebrochener Ausbildung zur Fachkraft für Lagerlogistik mit Ausbildungsabschluss. Zwei Unternehmen, die diesen Weg erfolgreich gehen, sind die CaPlast Kunststoffverarbeitungs GmbH in Capelle und die Parador GmbH in Coesfeld. 

Betriebliche Einzelumschulung: Mehr Gehalt und kürzere Ausbildungszeit

„Wir haben viele saisonal beschäftigte Leiharbeiter, die einen guten Job machen. Ihnen geben wir mit dem Angebot der Betrieblichen Einzelumschulung die Möglichkeit, als festangestellte Fachkräfte bei uns zu arbeiten und aus dem Niedriglohniveau herauszukommen“, erklärt Marko Bricke, Leiter Operative Logistik bei Parador. Bei der Betrieblichen Einzelumschulung machen die ehemaligen Leiharbeiter eine reguläre Ausbildung, starten allerdings direkt im zweiten Lehrjahr. Durch die Unterstützung der Agentur für Arbeit erhalten sie während dieser Zeit zudem ihr bisheriges Gehalt weiter. „Häufig haben Leiharbeiter eine vorherige Ausbildung abgebrochen oder schlechte Erfahrungen mit Schule gemacht. Die verkürzte Ausbildungszeit und das höhere Gehalt sind eine Motivation, eine Ausbildung aufzunehmen und nicht weiter als Leiharbeiter zu arbeiten. Wenn nötig, erhalten sie sowohl im Betrieb als auch in der Schule Unterstützung von uns“, so Bricke. So lasse sich ein Teil der Fachkräftelücke schließen.

Bei CaPlast haben alle Beschäftigten eine abgeschlossene Ausbildung – zum Teil allerdings als Bäcker, Fleischer oder Einzelhandelskaufleute. Denn im eigentlich benötigten Beruf, dem Verfahrensmechaniker für Kunststoff und Kautschuk, gibt es nur wenige auf dem Markt. „Azubis zu finden, ist ebenfalls sehr schwierig, da sie in der Regel für ihre schulische Ausbildung ein Jahr lang nach Wittlich in die Eifel gehen müssen. Auch wenn wir ihnen dort natürlich eine Wohnung stellen, trauen sich das viele 16-Jährige einfach nicht zu“, erklärt Personalreferentin Sarah Kranke. CaPlast setzt deshalb auf fachfremde Beschäftigte aus allen Bereichen. „Wir schreiben in der Produktion nur drei Position aus: Verfahrensmechaniker, Verfahrensmechaniker-Assistent und Produktionshelfer. Die Stellen sind für alle offen und bieten die Möglichkeit, sich hochzuarbeiten.“

Teilqualifizierung vermittelt Theorie und Know-How hinter der Maschinenführung

Konkret bedeutet dies: „Wir bilden die Beschäftigten so weit aus, dass sie die Maschinen für die Kunststoffverarbeitung selbstständig führen können. Das dauert in der Regel fünf Jahre“, erklärt Industriemeisterin Susanne Weyand. „Wir merkten aber immer wieder, dass auch dann noch die Theorie und Know-How hinter der Tätigkeit fehlen.“ Das Unternehmen bot deshalb allen Beschäftigten, denen die entsprechenden Abschlüsse fehlten, eine Teilqualifizierung zum Kunststoffassistenten und – wenn gewünscht – weitergehend zum Verfahrensmechaniker für Kunststoff und Kautschuk an. Die Kosten übernahm CaPlast. Die Unterrichtsstunden fanden vor Ort in Capelle statt – allerdings in der Freizeit, wie es auch beim Techniker oder Meister üblich ist.

12 Beschäftigte nutzten das Angebot. 96 Unterrichtsstunden plus schriftlicher und mündlicher Abschlussprüfung vor der IHK Nord Westfalen umfasste die Qualifizierung zum Kunststoffassistenten. 10 der 12 Beschäftigten absolvierten innerhalb der nächsten eineinhalb Jahren auch noch erfolgreich die weiteren drei Bausteine mit jeweils 80 Unterrichtsstunden für ihren Abschluss als Verfahrensmechaniker.

Weiterentwicklung gelingt nur mit dem notwendigen Wissen

„Jetzt haben sie alle Grundlagen und wissen besser was sie tun können, wenn es an den Maschinen Fehler oder Probleme gibt“, erklärt Weyand. Doch nicht nur deshalb sei die Qualifizierung so wichtig. „Wir wollen unsere Maschinen technisch weiterentwickeln. Das geht nur, wenn die Menschen, die daran arbeiten, das notwendige Wissen haben. Außerdem wird das, was Maschine und Mensch können muss, immer anspruchsvoller.“

Für die Beschäftigten hat die Qualifizierung neben einem höheren Aufgaben-Niveau auch ein Plus auf der Gehaltsabrechnung zur Folge, da sie aufgrund des entsprechenden Gesellenbriefs nun höher eingestuft werden können.

Foto: Nach der Teilqualifizierung zum Verfahrensmechaniker für Kunststoff und Kautschuk kennen die Beschäftigten bei CaPlast nun auch die Grundlagen und wissen besser was sie tun können, wenn es an den Maschinen Fehler oder Probleme gibt. Foto wfc/Sabrina Becker


Weitere Informationen:

Um Ungelernte, Angelernte oder fachfremde Beschäftige zu Fachkräften auszubilden, gibt es verschiedene Möglichkeiten. Informationen, Beratungen und teilweise auch finanzielle Unterstützung bietet in der Regel die Agentur für Arbeit. Neben der Teilqualifizierung und der Betrieblichen Einzelumschulung gibt es für gering Qualifizierte, die schon länger im Betrieb arbeiten, die Möglichkeit mit der Externenprüfung einen Ausbildungsabschluss zu erwerben. Durch das Qualifizierungschancengesetz (QCG) erhalten Unternehmen außerdem finanzielle Unterstützung für so genannte Anpassungsqualifizierungen, um die Kenntnisse der Beschäftigten aktuell zu halten oder zu erweitern. Weitere Optionen sind die Ausbildung in Teilzeit und die berufliche Einstiegsqualifizierung, die mit einem sozialversicherungspflichtigen betrieblichen Langzeitpraktikum startet. Einen Überblick über die Angebote gibt es unter https://www.personalarbeit-einfachmachen.de/fördermöglichkeiten/aus-und-weiterbildung/

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Sabrina Becker

Fokus Fachkräfte: Mehr Effizienz durch Automatisierung

Die Langguth GmbH hat Produktionsabläufe komplett neu gestaltet, um die Arbeit noch besser zu strukturieren

In der gleichen Arbeitszeit mit der gleichen Personalanzahl fast 20 Prozent mehr produzieren: Dieses Ziel hat die Langguth GmbH aus Senden erreicht – und dafür ihre Produktion komplett neu strukturiert. Mehr als vier Jahre hat der aufwändige Prozess gedauert. Erst im Laufe des aktuellen Jahres wird er abgeschlossen sein. „Die Nachfrage nach unseren Etikettiermaschinen steigt seit Jahren und hat in der Corona-Pandemie nochmal einen Sprung nach oben gemacht. Gleichzeitig wird es immer schwieriger, Fachkräfte zu finden. Deshalb haben wir uns entschieden, den Automatisierungs- und Spezialisierungsgrad zu erhöhen. So können wir bis zu einem gewissen Punkt mehr produzieren, ohne dafür mehr Personal zu benötigen“, sagt Geschäftsführer Peter Tschoepe.

Getaktete Linienproduktion statt des direkten Zusammenbaus einer Maschine

Im alten Produktionssystem wurde jeder Maschinentyp für sich betrachtet. Ein Team hat eine Maschine mit allen Teilen von Anfang bis Ende komplett zusammengebaut. „Es waren also mehrere tausend Teile, auch Schrauben, Muttern und Unterlegscheiben, aus denen sich die Mitarbeiter die heraussuchen mussten, die sie gerade benötigen. Das Suchen allein kostete schon viel Zeit. Wenn dann noch ein Teil fehlte und aus dem Lager geholt werden musste, stoppte das häufig das ganze Team“, erläutert Produktionsleiter Franz-Josef Gehling. Effizienzsteigerungen waren auf diese Art kaum noch möglich.

Deshalb arbeitet Langguth nun mit einer getakteten Linienproduktion. „Sie ist in der Automobilindustrie schon seit Jahrzehnten Standard und kommt nun nach und nach auch in der Verpackungsmaschinenindustrie an“, erklärt Tschoepe. Für die Linienproduktion wurden die Maschinen in einzelne, kleine Baugruppen aufgeteilt, die in mehrere Modelle passen. Die Produktionsmitarbeiter setzen nicht mehr die ganze Maschine auf einmal zusammen, sondern zunächst nur die Baugruppen, die dann zurück ins Lager kommen. Sie werden später zu 10 bis 20 Oberbaugruppen zusammengefügt, aus denen dann final die Maschine zusammengesetzt wird.

Standardisierung von Maschinenteilen bringt weiteren Effizienzschub

„Die Aufgaben sind also viel spezialisierter“, erklärt Gehling. Doch nicht nur das schafft Effizienz. „Denkt man nicht mehr von der Maschine, sondern von der Funktion her, stellt man fest, dass wir viele Teile mit identischen Funktionen haben, die aber trotzdem in Kleinigkeiten anders sind. Das kostet Zeit – im Einkauf, bei der Teilezuordnung und beim Einbau. Ein wichtiger Schritt war es deshalb, die unterschiedlichen Teile, die in den Maschinen verbaut werden, zu reduzieren. Das ist uns um fast 30 Prozent gelungen.“

Welche Teile wie angepasst werden können und wie die Baugruppen effektiv eingeteilt werden können, haben die Langguth-Beschäftigten in verschiedenen Teams mit Hilfe externer Berater selbst erarbeitet. „Sie kennen die Maschinen am besten. Uns war es außerdem wichtig, dass die Veränderungen nicht von oben diktiert werden. Auch deshalb haben wir die Berater eingesetzt. Die extrem hohe Akzeptanz bei den Beschäftigten hat uns am Ende dann aber doch überrascht“, blickt Tschoepe zurück. „Schließlich hat die Produktionsumstellung erhebliche Veränderungen mit sich gebracht.“

Fehlende Teile und fertige Baugruppen kommen per Klick aus dem Lager in die Produktion

Nicht nur sämtliche Aufgaben und Bauzeichnungen sind für die Mitarbeitenden jetzt über ihre Tablets abrufbar, auch benötigte Baugruppen oder fehlende Einzelteile aus dem Lager werden per Klick bestellt. Der Gang ins Lager entfällt somit für die Industriemechaniker. Die Fachkräfte für Lagerlogistik übernehmen stattdessen die komplette Vorsortierung der benötigten Teile für die Baugruppen, bestellen Waren nach, geben fehlende Teile heraus, prüfen die Qualität der einzelnen Teile und verwalten die fertigen Baugruppen. „Das hat die Effizienz deutlich erhöht, aber auch die Attraktivität des Jobs gesteigert, was uns wiederum bei der Fachkräftesuche hilft“, erklärt Gehling.

Da durch die Vorsortierung und die Lagerung der fertigen Baugruppen mehr Platz benötigt wird, hat die Langguth GmbH das Lager durch einen Anbau erweitert. „Hier wäre es nun denkbar, auch die Baugruppen automatisiert ein- und ausfahren zu lassen. Aber das ist noch Zukunftsmusik“, sagt Tschoepe. „Jetzt stehen erstmal als letzte Schritte der Umstellung die Einführung unseres neuen ERP-Softwaresystems und der räumliche Umbau der Produktion an, damit auch die Wege so kurz wie möglich sind.“

Foto: Mit gleicher Personalanzahl mehr produzieren: Dieses Ziel hat die Langguth GmbH dank einer kompletten Neustrukturierung der Produktion und automatisierten Anläufen erreicht, wie Produktionsleiter Franz-Josef Gehling (l.) und Geschäftsführer Peter Tschoepe erklären. Foto wfc/ Sabrina Becker


Weitere Informationen zum Thema

Mit Prozessinnovationen und einer Steigerung des Automatisierungsgrads können Unternehmen Fachkräfte effektiver einsetzen und ihren Fachkräftebedarf verringern. Bund und Land bieten für Vorhaben zu diesen Themen verschiedene Förderprogramme an. Die wfc unterstützt die Unternehmen bei der Auswahl der passenden Programme. Einen ersten Überblick gibt es unter https://wfc-kreis-coesfeld.de/innovation-und-digitalisierung/foerdermittel-innovation-und-digitalisierung/  

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Sabrina Becker
Sally Friedrich
Nathalie Reichel

Fokus Fachkräfte: Virtuelle Zusammenarbeit

Yara hat durch internationale Teams den Fachkräfte-Suchradius auf die ganze Welt ausgeweitet

Sie wohnen in Indien, Kalifornien, Madrid, Passau, Darmstadt, Duisburg und Essen. Seit drei Jahren sind sie ein Team beim Düngemittelhersteller Yara GmbH & Co. KG mit Standort in Dülmen – und arbeiten ausschließlich virtuell zusammen. Ihr Bereich ist die Identifizierung und Vorhersage von Pflanzenwachstum, Bodenzustand und Bodenprozessen mit Hilfe mechanistischer, datengesteuerter und maschineller Lernmodelle.

Vielfalt, Gleichberechtigung und Inklusion als Grundlagen

Während viele Unternehmen auch in Zeiten des Mangels eher in der Nähe nach Fachkräften Ausschau halten, spielt für Yara der Wohnort der Beschäftigten keine Rolle. „Wir rekrutieren unsere Mitarbeitenden international, ohne sie an einen Standort zubinden. Dass sie die Möglichkeit haben, aus ihrem Heimatland zu arbeiten, erhöht die Chancen, schnell die passenden Kandidaten für unsere Stellen zu finden. Die gute Zusammenarbeit und der Teamspirit, der durch das virtuelle internationale Arbeiten in diesen Teams entsteht, ist wichtig für uns“, sagt Sonja Zernin, HR Business Partner bei Yara. Vielfalt, Gleichberechtigung und Inklusion sind die Werte, die dafür die Grundlage bilden.

Maria Soldevilla Martinez gehört zum internationalen Analytics- und Modelling-Team. Sieben Jahre lang hat sie in Dülmen gelebt und für Yara gearbeitet. Seit rund zwei Jahren ist sie wieder zurück in ihrer Heimatstadt Madrid. Bei ihren Eltern. Beim Rest ihrer Familie. Ermöglicht hat es letztendlich die Corona-Pandemie. „Die Pandemie hat dem Teamwork, wie wir es heute leben, einen großen Schub gegeben und dem Unternehmen gezeigt, dass die digitale Zusammenarbeit bestens funktioniert. Vielleicht sogar besser als ausschließlich vor Ort“, sagt Maria Soldevilla Martinez. „Ich sehe meine Teamkollegen jetzt häufiger als zu meiner Zeit in Dülmen. Dort musste ich mich erstmal auf den Weg machen, in das Büro des einen gehen, vielleicht noch einen anderen hinzuholen. Jetzt ist es nur ein Klick ins Meeting.“

Tools und Softwares für Kommunikation und Informationsaustausch

Denn das ist die zentrale Vereinbarung im achtköpfigen Analytics- und Modelling-Team: Man ist immer für die Kolleginnen und Kollegen erreichbar. Die gemeinsame Sprache ist Englisch. „Gibt es Fragen oder Probleme, stimmen wir uns individuell mit unseren direkten Teampartnern ab. Wir haben verschiedene Tools und Softwares für die Kommunikation, den Informationsaustausch und die fortgeschrittene Analytik. So arbeiten wir sehr produktiv und effizient zusammen – trotz der Entfernung“, sagt Mehrdad Arab. Er wohnt in Essen und kommt meist drei Mal pro Woche nach Dülmen.

Das gesamte Team trifft sich einmal wöchentlich virtuell – in der Regel zwischen 15 und 16 Uhr mitteleuropäischer Zeit. „Dann ist es nicht zu früh in Kalifornien und nicht zu spät in Indien. Wer gerade direkt mit einem Kollegen aus einem der beiden Länder zusammenarbeitet, passt seine Arbeitszeit zudem einfach individuell an – und beginnt eben etwas später oder früher“, erklärt Jayalakshmi Nambi. Sie wohnt in Duisburg und fährt ebenfalls mehrmals pro Woche nach Dülmen. Einmal im Jahr kommen alle Teammitglieder für ein paar Tage an einem Ort ihrer Wahl zusammen – um gemeinsam zu arbeiten, aber auch fürs Teambuilding. „Darauf freuen wir uns immer sehr, wissen aber auch die Flexibilität von Arbeitszeit und Arbeitsort, die wir bei Yara haben, sehr zu schätzen“, sagt Nambi. 

Bessere Vereinbarkeit von Job und Privatleben

Sie kennt genau wie Maria Soldevilla Martinez und Mehrdad Arab die reine Vor-Ort-Arbeit aus früheren Jobs. Vorteile der Vor-Ort-Arbeit gegenüber der digitalen Zusammenarbeit sieht keiner von ihnen – eher andersherum. „Natürlich fehlt manchmal der Face-to-Face-Kontakt, wir versuchen dies jedoch durch virtuelle soziale Interaktionen und Teambuilding wie unsere Kaffee-Meetings zu überwinden“, sagt Arab. Für Maria Soldevilla Martinez hat die Rückkehr nach Madrid den Kopf freier gemacht. „Ich kann jetzt Familie und Job wirklich vereinbaren und mich noch besser auf meine Aufgaben fokussieren. Wenn man zwei Flugstunden von den Eltern und dem Rest der Familie entfernt ist, macht man sich einfach mehr Gedanken um sie.“ Die Möglichkeit, ihren Job auch von Madrid aus zu machen, habe ihre Bindung an das Unternehmen noch gestärkt.

Ihre Kollegen sehen das genauso. „Wir haben dank der virtuellen Zusammenarbeit die für uns beste Work-Life-Balance. Das macht uns zufrieden und damit produktiver“, sagt Arab. „Dass in unserem Team nicht nur Fachleute aus der Umgebung des Unternehmenssitzes, sondern aus verschiedenen Kulturen und Standorten auf der ganzen Welt arbeiten, ist ein großer Vorteil. Es bereichert unsere Arbeit mit frischen Perspektiven, bringt innovative Ideen und erweitert unser Wissen – was wiederum zu Erfolg und Effektivität führt“, sagt Nambi.

Foto: Flexibel mit Kollegen auf der ganzen Welt zusammenarbeiten – dank Online-Meetings: Das ist für Jayalakshmi Nambi (l.), Maria Soldevilla Martinez (M.) und Mehrdad Arab ein Arbeitsalltag, der ihnen und Yara viele Vorteile bringt. Foto Sabrina Becker/wfc

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Sabrina Becker

WIRTSCHAFT AKTUELL / Ausgabe 2/2023

Fachwissen zu aktuellen Themen, aber mit Blick auf die Besonderheiten und spezifischen Bedürfnisse der Unternehmen in der Region – das bietet die Zeitschrift „Wirtschaft aktuell“. Sie ist Plattform für alle relevanten Informationen und neuen Trends, Beispielgeber, Kooperationsförderer und zeigt die Ansprechpartner vor Ort.

In der zweiten Ausgabe 2023, die Anfang Juli 2023 erschienen ist, geht es in der Titelstory um die Frage, welche Optionen die Unternehmen nutzen können, um ihren Fachkräftemangel zu verringern. Außerdem stellt sich der Wirtschaftsstandort Rosendahl vor.

Aktuelle Nachrichten sind unter anderem:

  • JobGesund: Neues Angebot für Unternehmen, die ein Betriebliches Gesundheitsmanagement aufbauen möchten
  • Jahresbilanz 2022 der wfc
  • Neue Förderangebote für Digitalisierungsvorhaben
  • Forderung nach Unterstützung für den Ausbau des Wasserstoffnetzes im Kreis Coesfeld
  • Arbeitgeberforum zeigt Ideen zur Fachkräftegewinnung und -sicherung

LINK zur Ausgabe 2/2023

Ihr Ansprechpartner
Sabrina Becker

Fokus Fachkräfte: Gesundheitsmanagement für die Mitarbeiterbindung

Bei Giesker & Laakmann gehören Nackenübungen und Gespräche zum Kulturwandel

Fünf Jahre. Mindestens. Das ist der Zeitraum, der für Christian Bolz nötig ist, damit ein betriebliches Gesundheitsmanagement wirklich Veränderungen bewirken kann. Veränderungen, mit denen Beschäftigte dauerhaft gehalten und an das Unternehmen gebunden werden können. „Denn dafür ist das Betriebliche Gesundheitsmanagement durch seinen ganzheitlichen Ansatz einer der wichtigsten Hebel“, sagt er.

Veränderungen müssen auf vielen Ebenen stattfinden

Seit mehr als zweieinhalb Jahren ist er dabei, diesen Hebel bei der Nottulner Spedition Giesker & Laakmann umzulegen und dabei zwei besondere Herausforderungen zu meistern: Bei Berufskraftfahrenden ist die Bindung an ihren Arbeitgeber häufig besonders gering ausgeprägt und eher rational. Gesundes Essen und Bewegung sind bei einem Arbeitsalltag zwischen Fahrerhäuschen, Rastplatz und dem Be- und Entladen eher schwierig. „Deshalb müssen wir einen Kulturwandel auf vielen Ebenen erreichen. Dazu gehört das Bewusstsein für körperliche und mentale Gesundheit ebenso wie die Wertschätzung im Betrieb und die Sinnhaftigkeit der Arbeit“, erklärt Bolz.

Um die Beschäftigten, die ja meist nicht vor Ort in Nottuln sind, zu erreichen, nutzt Giesker & Laakmann unter anderem Videos und Podcasts. Die Videos zeigen – jederzeit abrufbar – welche Übungen die Fahrerinnen und Fahrer im und am LKW machen können, um sich fit zu halten oder akuten Beschwerden wie Nackenverspannungen zu begegnen. Sie sind in Kooperation mit dem Gesundheits-Team Y aus Coesfeld entstanden. „Dieses Angebot zu nutzen und auf seine Gesundheit zu achten, bedeutet seine persönliche Komfortzone zu verlassen. Das geht nicht von heute auf morgen. Wenn ein Mitarbeiter seine Nacken- oder Rückenübungen macht, wenn er dort Schmerzen hat, haben wir schon viel erreicht. Der nächste Schritt ist, dass er seine Übungen auch präventiv macht“, so Bolz. Für die Beschäftigten am Standort in Nottuln gibt es zudem alle zwei Wochen eine aktive Mittagspause, um Körper und Geist in Schwung zu bringen.

Mit Podcasts alle Mitarbeitenden erreichen

Die monatlichen Podcasts, die genau wie die Videos im unternehmenseigenen Film- und Tonstudio aufgenommen werden, gehen in unterschiedliche Richtungen. „Durch die eng getakteten Zeitpläne der Berufskraftfahrenden sind Stressmanagement und der Umgang mit Zeitdruck natürlich wichtige Themen – ebenso wie Achtsamkeit. Ich kann mich zwanzigmal am Tag darüber aufregen, dass ich an einer roten Ampel stehen muss, oder ich nutze die Zeit, um hier tief durchzuatmen und mir eine kurze Ruhepause zu gönnen. Das ist ein Umdenken, das wir erreichen möchten“, erklärt Bolz. „Dazu gehört auch eine positive Fehlerkultur und die Tatsache, dass wir nicht nur Ersthelfer für die physische, sondern auch für psychische Gesundheit ausbilden.“

Anders geworden ist auch die Kommunikation. „Spätestens durch die Corona-Pandemie haben wir alle gesehen, wie schlimm Isolation ist – und unsere Fahrerinnen und Fahrer sind häufig isoliert. Dieses Gefühl möchten wir ihnen nehmen und kommunizieren viel mit ihnen über verschiedene Tools, aber auch persönlich“, erklärt Bolz. In digitalen Mitarbeitermeetings, die einmal im Quartal für alle Beschäftigten stattfinden, gibt es Neuigkeiten aus dem Unternehmen und Zeit zum Austausch. Die Teilnahme ist freiwillig. Etwa alle zwei Monate lädt Giesker & Laakmann zudem an einem der großen Werke, an denen viele Fahrer laden und die Nacht verbringen, zum Trucker-Dinner ein und bietet ein gemütliches Beisammensein zum Feierabend abseits des Betriebsstandorts an.

Beim Bewerbungsgesprächen genau hinschauen, ob es passt

„Damit der Kulturwandel gelingt, versuchen wir ihn in alle Ebenen des Betriebs zu verzahnen. Die Geschäftsführung geht authentisch und mit gutem Beispiel voran. Beim Recruiting und bei den Bewerbungsgesprächen schauen wir mittlerweile genau hin und versuchen die richtigen Fragen zu stellen, um die Beschäftigten zu finden, die die Kultur mittragen wollen“, erklärt Bolz. „So wollen wir eine Belegschaft aufbauen, die auf sich achtet, eng mit Giesker & Laakmann verbunden ist und nicht nur im, sondern auch am Unternehmen arbeitet.“

Foto: Podcasts und Videos für die Beschäftigten von Giesker & Laakmann nehmen Christian Bolz (l., BGM) und Justus Ratzmann (Video) im unternehmenseigenen Film- und Tonstudio auf. Foto wfc


Interesse am Betrieblichen Gesundheitsmanagement?

Unterstützung für Unternehmen, die die Gesundheit ihrer Beschäftigten und ein wertschätzendes Miteinander fördern möchten, bietet das Netzwerk GesundArbeiten. Hinter dem Netzwerk stehen die Wirtschaftsförderungsgesellschaften der Kreise Coesfeld und Borken, die BARMER, die Deutsche Rentenversicherung und der Caritasverband im Kreis Coesfeld. Zum Angebot gehören regelmäßige Workshops und Hilfen zum Thema. Neu ist ab Ende August 2023 mit JobGesund die Möglichkeit einer kontinuierlichen Begleitung durch die Netzwerk-Experten bei der Einführung und Organisation eines Betrieblichen Gesundheitsmanagements – besonders für kleine und mittlere Betriebe. Anmeldungen für den 15-monatigen Prozess unter www.wfg-borken.de/anmeldung_jobgesund

Ihre Ansprechpartner
Sabrina Becker

++Ausgebucht++ Betriebliches Gesundheitsmanagement mit JobGesund

Intensives Unterstützungsangebot für eine passgenaue Gesundheitsförderung

++Ausgebucht++

Kleine und mittlere Unternehmen mit mindestens zehn Beschäftigten können sich ab sofort für unser neues Unterstützungsangebot JobGesund anmelden. Partner sind die Deutsche Rentenversicherung, die BARMER, die Unfallkasse NRW und die Wirtschaftsförderungsgesellschaft des Kreises Borken.

Der Kick-Off findet am Donnerstag, 31. August 2023, von 14 bis 17 Uhr im CoCoWo, Goxel 33b, in Coesfeld statt.

JobGesund begleitet die Unternehmen intensiv, individuell, praxisnah, stark strukturiert und vor allem dauerhaft bei der Einführung und Umsetzung von BGM-Maßnahmen. Jeder setzt nur die Aspekte um, die von den Beschäftigten auch wirklich gewünscht werden und ihnen einen Mehrwert bringen.

Über einen Zeitraum von 15 Monaten vermitteln Experten des Netzwerks den zukünftigen BGM-Guides in insgesamt acht jeweils mindestens halbtägigen Workshops das notwendige Wissen. Schritt für Schritt lernen die BGM-Guides, welche BGM-Maßnahmen möglich sind, und planen das Angebot, das für die Anforderungen ihres Unternehmens passend ist. Durch die gemeinsame Arbeit in den Workshops profitieren die teilnehmenden Unternehmen außerdem vom Austausch untereinander.

Die Umsetzung erster BGM-Maßnahmen in den Unternehmen beginnt etwa fünf bis sechs Monate nach dem Start Ende August 2023. Auch dabei werden die BGM-Guides eng durch das Experten-Netzwerk begleitet – inklusive Analysen, möglichen Anpassungen und laufenden Evaluationen.

Weitere Informationen zu JobGesund

Anmeldungen unter www.wfg-borken.de/anmeldung_jobgesund

Ihr Ansprechpartner